JOYCE HOTEL hatten mich vor ziemlich genau einem Jahr mit ihrem Debütalbum ja ziemlich umgehauen. Vier Dänen, die mit großen, bombastisch angelegten Songs versuchen, das Erbe von RADIOHEAD anzutreten, und mit teils lauten, schrammeligen Gitarrenparts und zarten Piano-Klängen tatsächlich auf dem besten Wege dahin schienen. Bereits ein Jahr später folgt im Herbst auch schon der zweite Streich, und wer die Herren im letzten Jahr noch nicht in der Weltbühne bestaunen konnte, hatte heute die Chance, sie im Vorprogramm von den zur Zeit recht angesagten ISLANDS zu bestaunen. Wobei Support eigentlich nur die halbe Wahrheit ist, denn tatsächlich teilten sie sich mit der „Big Band“ aus Kanada die Spielzeit gerecht auf – jeder bekam eine Stunde. Nur wie es ungerechterweise oft abläuft, kriegt die Vorband eben nur einen Teil der Zuschauer ab. Bei JOYCE HOTEL waren´s nur etwa 25 Leute, bei der Hauptband mehr als doppelt so viele. Man genoss halt lieber draußen bei angenehmen Temperaturen sein Feierabend-Bier als sich zu früh in einen dunklen Club zu begeben. Aber dafür lagen sie alle falsch – denn JOYCE HOTEL waren besser! Im Vergleich zum Vorjahr gab es an den Instrumenten ein paar Veränderungen, denn wo Sänger Kristian in der Weltbühne noch ausschließlich den Platz hinter dem Piano einnahm, tobt er sich heute vornehmlich an der Gitarre aus. Dieser Schritt war bereits zu erahnen, da der Frontmann ganz klar ein Mann der großen Gesten ist und hinter den Tasten nur räumlich eingeschränkt agieren kann. Und ich sag´s euch: wenn eine Band für die großen Bühnen geschaffen ist, dann JOYCE HOTEL! Allein diese Theatralik, die die Vier an den Tag legen, und dann dieses Wechselspiel zwischen zart und pompös – das passt einfach besser vor die Massen als vor 25 Zuschauer. Warten wir ab, was daraus noch wird!
Nach JOYCE HOTEL musste man sich zunächst eine halbe Stunde gedulden, aber beim Umbau von vier auf sieben Positionen sei dies den Technikern verziehen. Es ging dann auch gleich sehr vielseitig los, überhaupt muss man der Truppe um die ehemaligen Köpfe von THE UNICORNS attestieren, dass sie stilistisch ungefähr so bunt durchwürfelt waren, wie sie multikulti aussahen. Optisch hätte man sich vorstellen können, dass es sich bei ISLANDS um ein Erasmus-Projekt handelt: zwei stylische Indie-Typen an Gitarre/Gesang und einer Kreuzung aus Fagott und Saxophon, zwei fröhliche, asiatische Zwillinge an den Geigen oder wahlweise auch an den Keyboards, dann war da noch eine Schwester der beiden Asiaten, ebenfalls an der Geige, ein Drummer und der klassische Reggae-Afro-Man am Bass.
Musikalisch durchquerte man so ziemlich alle Beete zwischen Indie-Pop/Rock, Prog-Rock, Folk, Synthie, Country und brasilianischen Rhyhmen. Das Ganze wirkte wie ein kunterbunter Zirkus oder Kirmes und bisweilen kamen mir, mit Verlaub, auch Hass-Objekte wie BOB GELDOF und die KELLY FAMILY in den Sinn. Nein, dies ist nicht die Musik, die zu meiner Leidenschaft geführt hat – eher im Gegenteil. Wenn man nicht über Arts & Crafts, wie BROKEN SOCIAL SCENE, ein wenig hier hergeleitet worden wäre, hätte ich rein gar keinen Bezug dazu gefunden. Aber auch so konnte ich mich kaum dafür begeistern. Viel zu viel Fröhlichkeit, viel zu wenig Arschtritt und für mich stets das Gefühl, es mit einem Haufen zu tun zu haben, der seinen Stil noch nicht gefunden hat. Klar ist dies subjektiv, und natürlich werden mich tausende Fans für diese Review hassen, aber ich fand´s halt scheiße, und so war für mich bereits nach der Hälfte des Konzertes Feierabend. Und es war noch immer warm. Draußen.