Warum ein Buch über KREATOR lesen, wenn ich früher kaum Thrash Metal gehört habe? Und warum ein Buch lesen, das eher nüchtern über die Erfolgsgeschichte der Essener Band berichtet und sich nicht im Ansatz so lustig liest wie die Thees Uhlmanns Tourtagebücher über TOCOTRONIC?
Weil allein der Werdegang von einer Schülerband bis hin zu einer der erfolgreichsten Thrash Metal Bands spannend genug ist. Zugleich bietet das Buch eine Art Zeitreise, zurück in die Vergangenheit bis tief in die Achtziger als eine Erfolgsstory noch eine komplett andere Geschichte schrieb als man es sich heute vorstellen mag. Kein myspace, kein Internet, keine Handys – zu Beginn der Band lief alles noch über gute Kontakte, die man sich mühevoll aufbauen musste.
Ein Anstoß für die Gründung der Band war sicherlich der Besuch eines KISS-Konzertes, Ende der siebziger Jahre. So etwas wollte Mille auch machen und so gründete er schließlich KREATOR, die damals noch unter dem Namen TYRANT ihren ersten Auftritt tatsächlich in einer Schule absolvierten. Aber bereits der zweite Auftritt fand als Support für LIVING DEATH statt, und wenn bei KREATOR bereits zu diesem Zeitpunkt etwas stimmte, dann die Bühnenperformance. Brennende Schlagzeugsticks, eine kreisende Sense – die Jungs wussten, worauf es ankam.
Highlights des Buches sind zweifelsohne die Schoten, die Hilmar Bender gelegentlich auspackt. Wenn Bandmanager Boggi davon berichtet, dass KREATOR zusammen mit VOIVOD auf Europa-Tour gehen sollten, die Band es sich aber ohne Absprache anders überlegt. Oder wie sie ihn in den Wahnsinn treiben, als eine Amerikatour bevorsteht und Boggi am Tag des Abflugs feststellt, dass weder Kabel, noch Taschen gepackt sind und nichts vorbereitet ist. Immerhin schafften KREATOR es dann doch, irgendwie groß und erfolgreich zu werden.
Leider werden manche Momente nicht hinterfragt, etwa die Kritik der Band an der Doku „Thrash, Altenessen“, in der sie mit der Einöde und Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet in Verbindung gebracht werden. Ebenso bleibt der Autor dem Leser eine fundierte Stellungnahme der Band zu dem schwindenden Erfolg Ende der Neunziger schuldig.
Dennoch liefert „Violent evolution“ einen spannenden Blick ins damalige Musikgeschäft und auf einen Haufen sympathischer Rabauken, beim Anblick der Tourfotos fühlt es sich für den Leser fast so an, als wäre er dabei gewesen. Schon allein deshalb lesenswert.