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Golden Leaves Festival 2025 (Darmstadt)

Am letzten August-Wochenende fand in Darmstadt wieder das Golden Leaves Festival (GLF) statt. Rund 3.300 Zuschauer*innen pro Tag erlebten zwei sehr unterschiedliche Tage. Der Sonntag war fast durchgehend gut, vor allem die Auftritte von THE NOTWIST und DIE NERVEN ließen das Indie-Herz höherschlagen.
Das Besondere am GLF ist das familiäre Ambiente. Ich war selten auf einem Festival, wo so viele Familien mit Kindern ihre Decken ausbreiten und es sich auf der Wiese gemütlich machen. Will man ganz weit vor die Bühne kommen, muss man sich wie im Schwimmbad slalommäßig zwischen den ganzen Picknickinseln durchschlängeln.
Umso interessanter fand ich, dass das Festival noch voll auf Flaschen und Gläser setzt, wo sehr viele kleine wie große Füße barfuß auf den Wiesen hopsen. Aber ich habe keine einzige Scherbe gesehen, von daher scheinen alle sehr verantwortungsvoll damit umzugehen.
Auch auffallend war, dass alle Mitarbeitenden super freundlich rüberkamen. Das ging am Eingang beim Durchsuchen der Taschen los, bis hin zum Getränkeausschank. Apropos Getränkeausschank: Das wohl größte Manko auf dem GLF war, dass es am Samstag am späten Nachmittag/frühen Abend zu vielen langen Schlangen kam. Teilweise musste man eine Stunde lang anstehen und manche verpassten so den kompletten Auftritt von TEAM SCHEISSE. Ich verpasste den Auftritt auch, aber das hatte einen anderen Grund und der hieß CAROLINE ROSE. Ganz ohne Band angereist (was erstmal für eine große Enttäuschung beim Schreiberling sorgte), spielte sie sich in einen kleinen Rausch. Nur mit verstärkter Gitarre und Gesang ausgestattet, klang das alles sehr punkig, ganz anders als sonst bei ihren Auftritten mit Band. Dazu kam ihr unschlagbarer Humor und die eine oder andere witzige Einlage, wie z.B., dass sie ein Lied am Boden liegend gespielt hat. Das war mein Highlight für Samstag.

CAROLINE ROSE

Bei MIA., die inzwischen auch schon 28 Jahre im Geschäft sind, gab es leicht nostalgische Gefühle, und „Hungriges Herz“ ist natürlich immer noch ein Hit. Und EROBIQUE als letzter Act hat noch mal alle Anwesenden zum Tanzen gebracht. Doch viele, vor allem junge Bands wie GWEN DOLYN, MODULAR und ELLICE haben mich gar nicht abgeholt, aber dafür eine große Menge sehr junger Fans. Fast vergessen hätte ich noch die Indie Rocker BLUSH ALWAYS, die einen guten Auftritt hinlegten, aber leider viel zu früh auf die Bühne mussten.

MIA.

Der Sonntag hingegen hatte musikalisch mehr zu bieten. Mit TARA NOME DOYLE auf der Lagerfeuerbühne ging es für mich sehr ruhig, aber auch sehr schön los. Und mit „Lighthouse“ gab es auch einen der schönsten Songs des Festivals zu hören. Danach kamen mit STEINTOR HERRENCHOR eine der spannendsten Bands der Neuen Neuen Deutschen Welle. Eine 80er Wave-Gitarre, treibende Drums und ein tiefer Bass bilden einen idealen Tanzteppich. Wer sie noch nicht kennt, sollte sich mal „Luisa“ oder „Ich war da“ anhören. Auf jeden Fall haben sie mir viel besser gefallen als BETTEROV, der zwar ähnliche Musik macht, aber irgendwie mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Ich kann den Hype um seine Musik auf jeden Fall nicht verstehen. Fairerweise sei aber dazu gesagt, dass er einen schweren Auftritt hatte. Sein Schlagzeuger war krank und der Ersatz-Drummer hat vorher noch nie mit der Band gespielt, und mitten im Set gab es dann noch einen knapp zehnminütigen Stromausfall. Überrascht hat mich dann das sympathische Trio EBBB aus London. Runtergebrochen ist das sehr tanzbare elektronische, von einem Schlagzeug begleitete Musik. Das Besondere ist wohl der Gesang, denn Will Rowland erinnert mich irgendwie sehr an ALT-J. Hat mir live auf jeden Fall sehr gut gefallen.

EBBB

Und dann kamen die zwei besten Auftritte des Wochenendes. Zwei der wohl besten deutschen Live-Bands haben in je 45 Minuten eine unglaubliche Hit-Dichte präsentiert. Wobei man bei THE NOTWIST jetzt nicht von „Hits“ im klassischen Sinne sprechen kann. Dennoch haben die Fans vor der sehr vollen Bühne fast alles mitsingen können. Highlight war für mich „Pilot“, das in der Mitte zu einem Techno-Song wurde, nur um am Ende wieder zum Original zurückzukehren. Was die inzwischen siebenköpfige Band da an ihren Instrumenten veranstaltet, ist einfach nur der Wahnsinn.

THE NOTWIST

Ähnlich gut an ihren Instrumenten sind DIE NERVEN. Laut, kompromisslos und mit einer unglaublichen Dynamik versehen, ballern sie uns die Songs um die Ohren. Dass der Schlagzeuger Kevin Kuhn nicht nur wahnsinnig gut spielt, sondern auch einen ganz speziellen Humor hat, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ich persönlich bräuchte seine Späße nicht, auf der anderen Seite schadet ein wenig Auflockerung bei einem DIE NERVEN-Konzert auch nicht. Und immerhin zieht er sich nicht mehr aus, so wie ganz früher öfters mal geschehen.

DIE NERVEN

Das GLF auf der Hauptbühne beendeten PAULA CAROLINA, die das Publikum ordentlich im Griff hatte und ENNIO, bei dem ich aber nach drei Liedern gegangen bin, da diese Art von Musik mich so gar nicht berührt.

Auffällig war gerade bei diesen vier letzten Auftritten, wie unterschiedlich sich die Crowd vor der Bühne zusammensetzte. Bei THE NOTWIST und DIE NERVEN hat man fast nur Ü40-Menschen gesehen und bei PAULA CAROLINA waren es dafür fast nur U25 Menschen. Somit war auf jeden Fall für alle was dabei.
Alle, die noch nie auf dem GLF waren, sollten es in Zukunft unbedingt auschecken! Ich lasse mich auf jeden Fall mal überraschen, welche Bands 2026 den Weg nach Darmstadt finden werden.

GLF – Timetable