Der Hype ging komplett an mir vorbei… Um FOREVER THE SICKEST KIDS rankt sich folgende Legende: Sänger Jonathan Cook surfte angeblich auf der Internetseite von „Pure Volume“ rum und buchte aus Versehen (oder aus Unvermögen) für stolze 350,- Dollar einen Frontplatz auf der amerikanischen Promotion-Seite. Das Problem war nur: Zum einen hatte er das Geld gar nicht, und zum anderen existierte seine Band gerade mal seit fünf Tagen, von nicht vorhandenen Aufnahmen ganz zu schweigen. Zwei Tage später entstand folglich in einem Studio aus der Not heraus der Song „Hey Brittany“ und löste eine wahre Euphoriewelle aus. 2,5 Millionen Aufrufe im Netz, ein Wettbuhlen diverser Plattenfirmen und überschwängliche Reaktionen der Presse waren die Folge. Vielleicht hätte ich auch mal auf die „Pure Volume“-Seite gehen sollen. Dann wäre auch mir diese Band ein Begriff gewesen. Doch so kam es, dass Olli durch Zufall in den Besitz zweier Gästelistenplätze gelangte und ich mich von ihm zum Konzert mitschleppen ließ, obwohl ich von dieser angeblichen Superband noch nie zuvor gehört hatte. Ich schien jedoch nicht der einzige zu sein, dem es so ergangen ist, denn mit noch nicht einmal 100 Leuten war das Logo keineswegs ausverkauft.
Zunächst standen aber AT THE FAREWELL PARTY auf der Bühne und kredenzten den überwiegend sehr jungen Konzertbesuchern (Olli entwickelte geradezu väterliche Gefühle…) ihren Emocore-Sound. Vor längerer Zeit habe ich mal deren EP „The mechanism of bad taste“ besprochen und hatte die Band irgendwie düsterer und härter in Erinnerung, als sie sich an diesem Abend live präsentierte. Stattdessen erschienen mir die Frankfurter irgendwie eine Spur zu poppig, und nach knapp einer halben Stunde war der Spuk auch schon wieder vorbei.
Als positive Überraschung entpuppten sich dagegen ATTACK! ATTACK!, die bereits zum zweiten Mal den Weg aus Großbritannien nach Deutschland gefunden haben. Mich konnte das Punkrock-Quartett mit seiner Variation aus rockigen Gitarrenriffs und poppigem Gesang vom ersten Song an überzeugen. Zudem glänzten die Jungs durch Spielfreude und ehrliches, sympathisches Auftreten, so dass ich mich glatt dazu durchringen konnte, ihre Tourkasse durch den Erwerb eines Tonträgers ein wenig aufzubessern. Auch wenn der Schlagzeuger an diesem Abend etwas unpräzise wirkte, ATTACK! ATTACK! lieferten zweifelsohne einen klasse Auftritt ab.
Nach einer etwas längeren Umbaupause starteten FOREVER THE SICKEST KIDS und wurden von den Kids sofort frenetisch abgefeiert. Rhythmisches Klatschen, textsicheres Mitsingen und gar ein Ohnmachtsanfall waren sichere Anzeichen dafür, dass die Band ein paar eingefleischte Fans auf ihrer Seite hat. Der Sänger poste wie ein Weltmeister und wirkte mit seinem Streifenshirt, der seitlich aufgesetzten Baseball-Kappe und seinen Ringen mit blinkenden LED-Lichtern (aus welchem Kaugummiautomaten stammen die denn?!) optisch eher wie ein aufmüpfiger Grundschüler. Musikalisch haben Olli und ich uns auf den Begriff „Disneyland-Punk“ geeinigt, fragt mich nicht weshalb, aber irgendwie hat das gepasst. Da wir leider nicht in die altersbedingte Zielgruppe der Band gehören, konnten wir mit dem bunten Musikstrauß, der von einfachen Pop-Punk-Melodien über Rumhüpf-Parts bis hin zur BLOODHOUND GANG-mäßigen Rapeinlagen das volle Gute-Laune-Sonnenschein-Programm abdeckte, nicht allzu viel anfangen. Umso unterhaltsamer war jedoch ein Dialog zwischen Band und Publikum, in dem der Sänger über seine Lieblings-Fastfood-Snacks referierte und die Zuschauer fragte, was denn so traditionelle deutsche (!) Imbissschlemmereien seien. Die Antworten aus dem Publikum: „Wiener Schnitzel“ und „Döner“! Zumindest aus humoristischer Sicht hat sich der Ausflug ins Logo also gelohnt.