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EXITS TO FREEWAYS – Mehrere Seelen in einer Brust

Ende letzten Jahres erschien das Debütalbum von EXITS TO FREEWAYS. Dies übrigens der mittellange Bandname; abkürzt wird er auch gern als ETF, komplett ausgeschrieben sprengt er jedes Plattencover und lautet EXITS TO FREEWAYS SPREAD LIKE THE VEINS ON THE BACK OF MY HAND. Aber das ist im Grunde nebensächlich, denn die drei Hamburger fallen nicht nur wegen des Bandnamens auf, sondern auch durch eine musikalische Vielfalt und Virtuosität, die ihresgleichen sucht. Irgendwo zwischen vertracktem Math Rock, breitbeinigem Metal, poppigem Emo, flottem New School Hardcore und eingängigem Rock scheinen sie ihre eigene Nische gefunden zu haben und überraschen den Hörer durch unzählige Tempi-/Stil- und Harmonie-Wechsel. Zwar ist dabei die Gefahr groß, die Zuhörer zu überfordern, aber die Musikjournaille geizte nicht an Lob, und nicht selten wurde gar von dem „Debütalbum des Jahres“ gesprochen. Da auch wir im Hause blueprint zu den Fans der Band zählen, sprachen wir mit Tausendsassa Kriton Klingler alias General Woundsworth, seines Zeichen Sänger und Gitarrist der Band.

[F] Die Presse hat euer Debütalbum ja recht einhellig gelobt. Hattet ihr vorher Sorgen, dass die Musik, die ja nicht ganz so einfach ist, vielen Schreibern auch missfallen könnte?
[A] Das war bei den Überlegungen zum Album eigentlich kein Thema. Da herrschten eher Sachen vor wie „Scheiße, wie bezahlen wir das Ding?“ Haha! Wir haben ehrlich gesagt erst nach der VÖ realisiert, dass da jetzt tatsächlich Leute drüber schreiben. Umso schöner, dass es soviel positives Feedback gab. Und viele lustige Vergleiche und bonmots, die einem gleichzeitig auch vermitteln, was für ein Abgespule dieses Presse-Ding ist. Also… wer Musik mit Journalisten oder dem Indie-Apparat vor der Tür im Hinterkopf macht, stellt sich den Zugang zu genuin eigener Musik ziemlich voll, vermute ich. Mit dieser Band landen wir vermutlich nicht beim Echo, also why worry?

[F] Bei euch steht das technische Level der einzelnen Musiker ja recht weit oben. Spielt ihr von Beginn an in dieser Zusammensetzung, wart ihr schon alle so erprobt, oder habt ihr euch zusammen zu dem entwickelt, was ihr jetzt seid?
[A] Eine Mischung aus beidem wohl…. So ein bisschen Rumgedaddel gab’s auch schon vorher, aber ETF wurden erst das, was sie sind, mit uns dreien bzw. begannen ja erst in dieser Besetzung zu existieren. Ich denke durchaus, dass Spielweisen sich an und mit dem Spiel der andern entwickeln – man befeuert sich ja gegenseitig. Andererseits hat schon jeder von uns eine Art ‚Style’, der von vornherein mitgebracht wurde – auch was das genutzte Equipment angeht. Siehe Jan, der spielt ja mit Fingern auf ’nem Jazzbass mit einem Jazz-Amp, und dieses Geschlocke ist im Rock ja eher unüblich. Technisches Level… na ja, also sooo krass ist das ja nun auch nicht. Auf der Skala geht’s ja schon noch ein ganzes Stück weiter nach oben.

[F] Was hat sich für euch verändert mit nois-o-lution im Rücken? Und was ist aus eurem Manager mit der Rolex geworden?
[A] Nun, wir haben jetzt ein Album bei einem renommierten ultrakrediblen megakorrekten Gallisches-Dorf-Label veröffentlicht und wohl ein paar überregionale Fans mehr. Aber ’ne Rolex kann sich immer noch nur unser Manager aus dem Promofilmchen leisten, welches du da ansprichst. Er ist gerade mit den Einnahmen des Albums nach Rio geflogen und ruht sich da aus, wird aber vielleicht demnächst wieder für uns arbeiten… Im Ernst, ein Labeldeal sorgt in diesen Zeiten, in dieser Liga bzw. in unserem Fall für einen Silberling und nicht viel mehr. Dieses ganze Geschäft ist herbstens auf Promotioneffekte geeicht. Für ‚Veränderung’ im Sinne von ‚Weiterkommen’, also ein bisschen bekannter werden, Leute auf den Konzerten haben, Ausgaben decken und so muss man sich heute eher um ’ne Promoagentur kümmern, die den Leuten konstant die Ohren zubrüllt, wie geil man ist, was für ’nen Myspace-Furz man alle 10 Sekunden lässt und so weiter. Wenn man darauf nicht steht, ist Touren ist wichtiger, wie wir gemerkt haben – und das wird mittlerweile nicht zwingend einfacher durch eine Platte. Allerdings ist es natürlich von Vorteil, auf Gigs einen Tonträger zur Hand zu haben, weshalb die Albumchose nicht zu verachten ist, vor allem wenn der Chef ein Guter ist, so wie Arne von Noiso.

[F] Neben ETF spielen zwei Drittel von euch auch in einer wesentlich gefühlvolleren Band, namens CHEATMODEL REPUBLIC. In welchem Maße dient diese Band als Ventil? Oder habt ihr einfach zu viele Ideen für eine einzige Band?
[A] Da gibt’s in der Tat mehrere Seelen in einer Brust – sind sogar mehr als zwei (checkt mal http://www.myspace.com/thequietfront oder http://www.myspace.com/dadahipster). Als „Ventil“ würde ich allerdings eher Exits bezeichnen, das ist ja wesentlich sportlicher insgesamt. Zudem wächst Cheatmodel songtechnisch komplett auf meinem Mist, während Exits ein basisdemokratisches Trio sind. Das mit den zu vielen Ideen ist also eher mein Problem… Früher habe ich versucht, die unterschiedlichsten Sachen in ein Projekt zu stecken, aber gemerkt, dass das konzentrierter und schlüssiger ist, die Rocksäge hier rauszulassen und meine Vorliebe für ELBOW und NINE INCH NAILS in der „Fragile“-Ära dort.

[F] Ich las kürzlich ein Interview mit euch zum Thema „Szene-Zugehörigkeit“. Angenommen, dass es eine bestimmte „Szene“ heute überhaupt noch gibt, vorausgesetzt, es sie jemals gab, so hatte ich den Eindruck, dass ihr auf solche Zugehörigkeiten scheißt. Und wenn schon Szene, dann doch bitte eine eigene für ETF. Sehe ich das richtig?
[A] Absolut einhundertprozentig korrekt.

[F] Könnt ihr euch bandintern auf eine Band einigen, mit der ihr gerne mal zusammen auftreten würdet?
[A] Die BEATLES, juhu!

http://www.exitstofreeways.de/
http://www.myspace.com/exitstofreeways
http://www.noisolution.de/
http://www.myspace.com/cheatmodelrepublic
http://www.myspace.com/thequietfront
http://www.myspace.com/dadahipster