Selten kommt es vor, dass ein Film, der auf dem Fantasy-Filmfest gezeigt wurde, den Sprung in die Kinos schafft, denn die meisten Sachen, die auf diesem Festival laufen, sind, nett gesagt, nicht gerade massenkompatibel. Und "Ex Drummer", der auch alles andere als Popcorn-Kino ist, lief am 15.November 2007 regulär in vielen Lichtspielhäusern an, und jetzt bringt Legend Home Entertainment ihn endlich in der Reihe "Kino Kontrovers" heraus.
"Ex Drummer" ist ein Streifen, der immer wieder schockt. Schon allein die Story ist Provokation pur: Drei behinderte Punkrockmusiker sind auf der Suche nach einem neuen Schlagzeuger. So geraten sie an einen bekannten Schriftsteller, der zwar keine offensichtliche Behinderung aufweist, dennoch perfekt zur Band THE FEMINISTS passt. Und viel wollen die Musiker auch gar nicht: ihr Ziel ist es, einmal live aufzutreten und das bei einem lokalen Bandcontest.
"Ex Drummer" stellt das gewohnte Sehverhalten des Zuschauers buchstäblich auf den Kopf. Das ist wirklich Punkrock – hier wird gekotzt, gesoffen, gefickt und verprügelt, was das Zeug hält. Dreckiger und abstoßender kann ein Film wohl kaum sein. Aber auch an Kontrasten mangelt es dem Streifen nicht. Auf der einen Seite hätten wir den erfolgreichen Schriftsteller, der hoch über der Stadt in seinem edlen Loft wohnt. Und auf der anderen Seite hätten wir da zum Beispiel den Gitarristen, der beim Onanieren einen Schlaganfall bekommt und seinen Arm nicht mehr so recht bewegen kann. Zudem wohnt er immer noch bei seinen Eltern, wo der Vater ständig im Bett liegt und gefesselt ist und seine übergewichtige und glatzköpfige Mutter es mit dem Sänger der Band treibt. Krass, oder? Und wenn man denkt, wilder kann der Streifen nicht werden, dann lernen wir auf einmal einen Typen kennen, den alle „Big Dick“ nennen. Dieser, man könnte schon fast sagen, eingedeutschte Ausdruck wurde leider in der deutschen Synchronisation nicht so übernommen, denn hier heißt er „großer Schwanz“, was irgendwie ein bisschen albern rüberkommt. Doch er heißt aus gutem Grund so, denn der Kollege hat einen 50cm-Prügel, den er gerne dazu nutzt, Schwule auf dem Klo zu vergewaltigen. Sex, Gewalt und Punkrock sind sowieso die drei großen Eckfeiler dieses Dramas. Und wenn ich Drama sage, dann meine ich auch Drama. "Ex Drummer" ist nicht so ein Punkrockfilm wie "Sid & Nancy" oder "Punk!", diese beiden Vertreter haben zwar auch ihre traurig dramatischen Momente, sind aber im Großen und Ganzen mehr so die Partyfilme. Wohingegen "Ex Drummer" zum größten Teil eine bedrückende Stimmung verbreitet. Diese Stimmung wird exzellent durch den hervorragenden Soundtrack unterstützt, der fabelhaft auf die jeweiligen Szenen abgestimmt ist.
Gegen "Ex Drummer", der übrigens nach einer Romanvorlage von Herman Brusselmans verfilmt wurde, wirken alle anderen Undergroundfilme fast wie weichgespült. Aber so entstehen halt Kultfilme. Und "Ex Drummer" ist auf jeden Fall ein guter Kandidat dafür, der sich weitab vom Mainstream bewegt.
Wie bei jeder DVD aus der Reihe "Kino Kontrovers", gibt es auch hier wieder eine Menge sehens- und hörenswerter Extras. Und zwar folgende: „The Making of…", das Musikvideo "De Grotste Lul Van’t Stad", Flip Kowlier”, “Musik für THE FEMINISTS: "Oh brother", "Millionaire”, “OVERDO HYKERS: Die Band, die es nicht in den Film schaffte“, „Kurzfilme: "A Hard Day’s Work" und "Ana Temnei", „Originaltrailer, Deutscher Trailer“, ein umfangreiches Booklet, und auf dem zweiten Silberling befindet sich der komplette Soundtrack zum Film. Besonders sehenswert sind neben dem Making of auch die beiden Kurzfilme, die gute Kandidaten für die „Get Shorty“-Reihe des Fantasy-Filmfests wären.
Also wer einen echt „bösen“ Streifen, mit vielen innovativen Ideen und einem Spitzen-Soundtrack sehen will, der sollte "Ex Drummer" nicht verpassen. Ein Punk-Drama, das sich in eure Gehirnwindungen fressen wird…