Ein Blick auf die Liste der Bands, die die Mitglieder von ES WAR MORD in ihren musikalischen Lebensläufen stehen haben, lässt Kenner mit den Ohren schlackern: JINGO DE LUNCH, VORKRIEGSJUGEND, ZERSTÖRTE JUGEND, DIE SKEPTIKER, THE REST, KUMPELBASIS… Die Aufzählung klingt wie ein repräsentativer Querschnitt aus 35 Jahren Berliner Punk-Geschichte und macht deutlich, das hier alte Szene-Hasen am Werk sind. Entsprechend souverän klingen die zwölf Lieder ihres Debütalbums „Unter Kannibalen“. Hier wird kantige, düstere und in ihrer Art sehr eigenständige deutschsprachige Punk-Musik geboten, die in Liedern wie „Substanbul“ auch mal einen klaren Hang zum Hardcore-Punk der 80er Jahre vorweist. Andere Stücke wie „Die rosigen Gesichter“ oder „Schlecht ist besser“ setzen dagegen eher auf eine eingängige Kombination aus Melodie und Melancholie, stellen aber dennoch keinen Bruch zum insgesamt eher sperrigen Gesamtsound der Band dar. Mir fallen nicht viele aktuelle Bands ein, die man mit ES WAR MORD vergleichen könnte. TISCHLEREI LISCHITZKI vielleicht, die zudem auch eine ähnliche Art haben, kritische Texte lyrisch anspruchsvoll zu verpacken. Passend abgerundet wird das Gesamtkonzept durch das Artwork, welches einen industrialisierungskritischen Holzschnitt des Künstlers Fritz Ebeling zeigt. Ein insgesamt ziemlich beeindruckendes Album.
ES WAR MORD – Unter Kannibalen
- Beitrags-Autor:Bernd Cramer
- Beitrag veröffentlicht:5. August 2017
- Beitrags-Kategorie:Tonträger
Bernd Cramer
Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber.
Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.