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ENGINE DOWN – Gehen, wenn’s am schönsten ist

ENGINE DOWN gelten bei ihren Fans als eine der herausragendsten Bands ihres Genres, da sie es schaffen, ihre Songs gleichzeitig anspruchsvoll und melodiös zu gestalten. Denn wo sich viele andere Bands entweder für verqueren Math Rock oder simplen Emo-Pop entscheiden, verbindet die Band aus Virginia ausgefallene Rhythmen mit poppig-melancholischen Melodien und einem Gesang, der nicht selten auch an RADIOHEAD erinnert. Dabei galten sie knapp zehn Jahre nach ihrer Gründung immer noch als Geheimtipp. Doch wer die Band bis jetzt live verpasst hat, wird wahrscheinlich auch keine Chance mehr dazu bekommen, denn während der Tour zu ihrem aktuellen, unbetitelten Album entschlossen sich die Vier leider dazu, die Band zu den Akten zu legen. Zur Zeit des Interviews standen ihnen noch sechs Shows in Europa und eine Tour in Amerika bevor. Doch interne Streitigkeiten oder ähnliches sind laut Sänger Keeley Davis nicht der Grund zu dem Entschluss. „Wir denken alle, dass wir mit dem jetzigen Ergebnis zufrieden sind. Wir haben musikalisch das erreicht, was wir wollten und dachten uns, dass es besser ist, die Sache zu beenden, bevor sie vor sich hinsiecht. So ist es für uns ein guter Abschluss. Über die Zukunft gibt es jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkreten Überlegungen: „Wir machen schon so lange Musik. Ich weiß nicht genau, ob danach noch etwas folgen wird. Erst mal kommen die Familie und ein bisschen Normalität ins Leben. Für uns war das auch keine große Sache. Wir haben das auf der Reise beschlossen und waren seitdem noch gar nicht wieder zu Hause. Das Älterwerden, genauer gesagt die Strapazen einer Tour haben an dieser Entscheidung jedoch nicht beigetragen: „Wir mögen eigentlich das Touren, es ist schon eine besondere Erfahrung. Lange Touren strengen natürlich an, aber insgesamt gesehen macht uns das Spaß.“ Nun gut, viel mehr ließ sich der Sänger zu dem Thema nicht entlocken. Stattdessen nannte er Gründe, warum man mit dem neuem Album von dem kleinen tschechischen Label Lovitt zu Lookout Records wechselte: „Wegen des Vertriebs. Wir haben zwei Platten auf Lovitt veröffentlicht und hatten dort auch alle Freiheiten, aber wollten, dass die neue Platte einfacher zu bekommen ist. Aber wir stehen Lovitt nach wie vor noch sehr nahe.“ Und auch für die höhere Eingängigkeit gibt es eine Erklärung: „Es war eine bewusste Entscheidung, stärkere Songs zu schreiben, die auf Albumlänge gesehen besser zusammenpassen.“ Allerdings schwört Keeley’s Hinweis, dass zum jetzigen Zeitpunkt alle anderen Projekte der Band aufgegeben worden sind, um sich stärker auf ENGINE DOWN zu konzentrieren und die Tatsache, dass am Ende keiner der Bandmitglieder mehr einem Nebenjob nachgehen musste, den unschönen Verdacht herauf, dass der ausbleibende Erfolg zumindest mit Schuld an der Trennung ist. Doch Keeley wiegelt ab: „Wir wollten mit dem neuen Label im Rücken nur bewirken, dass sich die ganze Arbeit und das ganze Touring auch lohnt. Viele Leute haben uns gesehen, aber konnten unsere Platten nirgends finden. Und wenn ihnen die Musik so gut gefällt wie uns selber, fände ich es sehr schade, wenn’s an solchen Dingen scheitert. Wir wollen nicht berühmt werden, aber so viele Leute wie möglich beeinflussen können. Und dafür sollte es selbstverständlich sein, dass man unsere Alben auch im Plattenladen finden kann.“
Nun gut, lassen wir das Thema damit auf sich beruhen und widmen uns noch mal dem besonderen Songwriting der Band. Wie schon weiter oben erwähnt, war gerade die Gratwanderung zwischen anspruchsvoller Rhythmik und herzzerreißenden Melodien das Besondere, was die Band am Ende auszeichnete. Doch wo auf dem Debüt noch etwas rauere Songs mit zum Teil geschrieenen Vocals zu finden sind, sei auch die Entwicklung hin zum versierteren Songwriting laut Drummer Cornbread Compton eher eine natürliche als bewusste Entwicklung gewesen: „Ich denke, dass wir uns am Anfang nicht gezielt überlegt haben, in welche Richtung wir gehen wollen. Dass wir bewusst über die Richtung der Songs nachgedacht haben, und Parts nicht in die Länge gezogen haben, kann man eigentlich erst über unser neues Album sagen. Aber wir haben schon immer darauf geachtet, dass die Songs nicht zu vertrackt werden, sondern immer noch interessant bleiben.“ Keeley stimmt zu: „Ich denke, Songs zu schreiben geschah eher auf dem natürlichen Wege. Wir hatten nie die Absicht, einen Rocksong zu schreiben, sondern ließen uns einfach von unseren Einflüssen bewegen. Einige Songs haben Monate gebraucht bis sie fertig waren, andere wurden an einem Tag geschrieben. Eigentlich haben wir nie etwas nach dem gleichen Schema gemacht.“
Im Gegensatz zu vielen anderen Bands mit einem ausgereiften Songwriting, wurde bei ENGINE DOWN jedoch mehr gejammt, als das man sich über die Arrangements unterhielt. Cornbread: „Wir haben auch nicht das nötige Vokabular dafür, da keiner von uns Musik studiert hat. Stattdessen haben wir eher mit Lautsprache gesprochen wie einst die Höhlenbewohner.“. Das allgemeine Gelächter auf sein Vormachen der Laute hält auch an, als sie auf ihr Nice Guy-Image angesprochen werden. Nichts von wegen Hotelzimmer zerlegen à la TRAIL OF DEAD? Keeley: „Nein so sind wir nicht. Wir sind schon „nice guys“. Wir lieben die Musik und brauchen kein Rockstar-Gepose. Das passt zwar zu manchen Bands, aber nicht zu uns. Ich glaube wir sind ziemlich ehrlich und so ein Asi-Image würde mit unserer Musik auch überhaupt nicht zusammen funktionieren.“
Auf ihre eigenen musikalischen Vorlieben angesprochen, offenbart sich letztendlich ein ziemlich buntes Gemisch an aktueller Musik, das man der Band aufgrund der eigenen Songs nicht unbedingt zutrauen sollte. Cornbread: „Wir haben alle viele verschiedene Einflüsse und hören auch die unterschiedlichsten Stile. Aber worauf wir uns momentan wohl alle einigen können, ist die neue BLOC PARTY-Platte, die neue NINE INCH NAILS und eine Band aus North Carolina, namens DES ARK – da spielt nur ein Mädel Gitarre und ein Typ Schlagzeug. Keeley: „Ich höre viele Soundtracks, BLONDE REDHEAD und die neue QUEENS OF THE STONE AGE.“
Und wie sieht’s mit Christina Aguillera aus? Da existiert auf eurer Homepage ja ein nettes Video, wo ihr im Tour-Van mitsingt und gleichzeitig dran verzweifelt.
Keeley: “Oh ja, CHRISTINA AGUILLERA!!! Und wie heißt noch die Gewinnerin von “American Idol” (die amerikanische DSDS-Ausgabe; Anm. d. Verf.)?“
Alle: „Kelly Clarkson!“
Keeley: „Ja, wir haben alle ein Faible für Popmusik und saugen uns die besten Sachen daraus.“
Das haben sie in der Tat. Als Resultat kam zum Glück letztendlich jedoch immer etwas Besseres bei heraus als chartkompatible Musik. Schade, dass man nun nur noch auf die bisherigen Releases zurückgreifen kann. Aber vielleicht treibt es die kreativen Köpfe am Ende ja doch wieder zu der Musik zurück. Cornbread Compton soll jedenfalls schon bei einem neuen Projekt namens BIOLOGY seine Finger mit im Spiel haben. Wir sind gespannt!