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DUESENJAEGER – Herr Neumann erläutert

Ich weiß nicht, wie häufig ich DUESENJAEGER inzwischen live schon verpasst hatte, aber seit mir ihr Debüt „Las Palmas OK“ in die Hände fiel, wusste ich, dass mir diese Band nicht nur auf CD gefallen würde. Und so war’s denn auch – und nicht nur mir ging es so.
Feiner Punkrock, ganz im TURBOSTAAT-Stil, mit rauer Schale auf der einen Seite, poppigem Kern auf der anderen Seite. Mit ansprechenden, eher subjektiven Texten auf den ersten Blick, politischem Anspruch erst beim näheren Hinsehen. Nach DUESENJAEGER hatten wir bereits alles gesehen und verpassten anschließend auch guten Gewissens den größten Teil des Headliners.
Im Anschluss an das Konzert tauschten wir uns mit Sänger Tobi noch zu ihrem letzten Album „Schimmern“ aus, klärten die Sache mit der Politik ab und nervten ihn, wie es sich gehört, auch mit der Frage nach den Umlauten. Auffi!

[F] Wenn man auf Eurer Seite landet, sieht man zuerst das Cover des neuen Drachenmädchens. Wie ist die Connection zwischen Euch und dem Fanzine?
[A] Rosi von „MyRuin“ macht das Heft zusammen mit Peet Richter und noch einigen anderen Kollegen. Beide sind uralte Kumpels von uns und haben unter den Namen „Kindspech“ (Rosi, damals noch mit Mounir, der heute immer wieder mal als Merch-Mann mitfährt) und „Chief Recordings“ (Peet) unsere ersten beiden Singles rausgebracht. Außerdem schreiben Jan und ich recht regelmäßig was fürs Heft, und der Layouter, Jan 95, hat auch die beiden Duesen-LP-Cover umgesetzt. Bei der Drachenmädchen-Lesung in Münster zur aktuellen Ausgabe #11 hab ich auch was vorgetragen, und Jan hat anschließend mit den Turntables gekämpft.

[F] Ihr habt kürzlich Euer zweites Album veröffentlicht, eine recht bescheidene Quote für sieben Jahre Bandgeschichte?
[A] Findest Du? Wir haben ja auch noch Singles rausgebracht und außerdem nebenbei noch allerlei andere Sachen an den Hacken als nur die Band. Ich bin eigentlich überrascht, dass wir so schnell sind. Hahahaha! Und wenn man sich QUEST FOR RESCUE mal als Maßstab nimmt, sind wir doch klar im grünen Bereich. (Na Jungs? Schon fertig gemischt?) Zum Glück hängen wir nicht in dem Schema: Platte-Tour-Platte-Tour, wir können so lange rumbasteln, bis was fertig wird und wir damit auch zufrieden sind.

[F] „Schimmern“ klingt produktionstechnisch und, meiner Meinung nach, auch songwriterisch nach einer klaren Weiterentwicklung von „Las Palmas OK“. Wo seht Ihr selbst die größten Unterschiede?
[A] So derbe Unterschiede sehe ich eigentlich nicht. Die Songs sind noch kompakter und mehr auf den Punkt, und beim Sound haben wir uns bemüht, Fehler vom letzten Mal nicht noch mal zu machen.

[F] Eure Texte sind (vor allem auf der „Schimmern“) nicht explizit politisch, aber unpolitisch seid Ihr ganz sicher auch nicht. Ist es Euch wichtig, sich konkret politischen Texten ein wenig zu entziehen und die Themen eher persönlich zu gestalten, oder sind euch platte Attitüden einfach zu doof?
[A] Es ist für mich einfach superschwierig, einen explizit politischen Text zu schreiben, der nicht hammerdämlich klingt und dazu auch noch total einseitig und damit angreifbar ist. Deswegen überlasse ich das lieber Leuten, die das drauf haben. Und so gibt es halt diese Egonauten-Texte, in denen man das Politische auch findet, bloß ein bisschen genauer hingucken muss.

[F] Was würdet Ihr politisch zuallererst ändern, wenn eine gute Fee bestehende Zustände verbessern könnte?
[A] Ich weiß nicht, wo man da anfangen soll. Grundversorgung für alle und aufhören, andere Länder auszubeuten.

[F] Wie steht Ihr zum Thema „Pop“? Ich bin der Ansicht, dass sich die Art des Gesangs dem zwar ganz klar entgegenstellt, aber die Melodien und die häufige Wiederholung des Refrains stimmen damit ja schon ganz gut überein.
[A] “Pop“ ist für mich in erster Linie die Abkürzung von „Populärkultur“, und ich liebe all dieses Zeug. Pop heißt ja nicht nur langweilige Radiomusik, sondern auch gute Radiomusik, Comics, Filme, Punk, Bücher (naja, nicht alle, aber…) und so weiter, steht also für prinzipiell zugängliche Formen von Ausdruck, von Geschichten erzählen oder Statements raushauen in nachvollziehbarer Form. Was uns angeht, kann ich da nur immer wieder Lui zitieren, den Trommler der GRIZZLY ADAMS BAND, der findet: „Eine Band braucht Hits!“ Ich stehe zwar beim Musikhören auch sehr auf sperrige Sachen, aber beim Musikmachen finde ich, dass das gut ins Ohr gehen muss. Ein guter Song braucht eine gute Melodie. Und auf unseren Plattentellern drehen sich neben 80er Hardcore, Metal, Noise, Punk, Rock und Indie eben auch MADONNA, NEW ORDER, CARDIGANS oder VANILLA ICE. Also Pop: ganz klar ja.

[F] Guckt Ihr DSDS? Falls ja: was denkt Ihr, warum DSDS scheinbar auch in der alternativen Szene so stark verfolgt wird?
[A] Ich hab das ab und zu geguckt. Ob das in der „alternativen Szene“ stark verfolgt wird, weiß ich nicht. Ich glaube, Jan schaltet ganz schnell um, wenn er da mal zufällig reinstolpert. Ich selber hab halt so’n Hang zu TV-Trash. Zu Müll. Lars schüttelt darüber immer den Kopf und will umschalten auf Phoenix oder arte. Vermutlich zurecht.

[F] Warum schreibt sich DUESENJAEGER eigentlich ohne Umlaute? Zur Eroberung des internationalen Markts?
[A] Ja, genau. Hat aber nicht geklappt.

[F] Habt Ihr jemals in Erwägung gezogen, Englisch zu singen?
[A] Nein, bei DUESENJAEGER nicht. Ich habe ganz früher auf Englisch gesungen, aber mit etwa zwanzig gemerkt, dass das frustrierend ist, wenn kein Mensch versteht, was Du da eigentlich singst, gerade beim Konzert, und dann eben angefangen, in der Muttersprache zu singen. Das ist schon ziemlich lange her, und seitdem kommt das für mich nicht mehr in Frage. Wenngleich das bei anderen Bands auch total geil ist, siehe „Politicians“ von der GRIZZLY ADAMS BAND, das wäre auf Deutsch nicht halb so cool, sondern einfach nur doof, fürchte ich. Hab ich schon erwähnt, dass die ’ne super Scheibe draußen haben? „Discoscheiße, mon amour“: nur Hits drauf. Einer nach dem anderen. Faszinierend.

[F] Wie steht Ihr zum klassischen Deutschpunk, Marke „Schlachtrufe BRD“ usw.?
[A] Da gibt es zwei Paar Schuhe. Klassischer Deutschpunk von vor 25 Jahren kommt bei 3/4 von uns gut an, da können wir uns einigen auf COTZBROCKEN, RAZZIA, SLIME, HANS-A-PLAST, ABWÄRTS, CHAOS Z usw. End-Siebziger, Anfang Achtziger Punk, aber es gibt auch eine beträchtliche Menge an Bands, die einfach nicht gehen. Gerade, wenn Deutschpunk heute so nach Heavy Metal klingt, finde ich das echt öde. Trotzdem ist stumpf immer wieder auch Trumpf.

[F] Welches war die beste Band, mit der Ihr zusammen gespielt habt? Mit wem würdet Ihr gern mal (wieder) zusammen auftreten? Was ist das am meisten in Erinnerung bleibende Tourerlebnis bisher?
[A] Beste Band weiß ich nicht. Mit den GO FASTER NUNS würde ich gerne wieder mal zusammen spielen. Sehr sympathischer Haufen. Und mit dem RAKETENHUND. Außerdem haben wir noch nie mit TCHI und noch nie mit PENDIKEL gespielt (siehe meinen Fan-Artikel im Drachenmädchen #011). Tourerlebnisse gibt es einfach zu viele, da könnte ich so nix hervorheben. Das ist wie Klassenfahrt ohne Aufsicht und hat durchaus auch immer wieder mal mit Pfefferminzlikör und vor allem mit flachen Gags zu tun.

[F] Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, Euren Bandbus zu vermieten, und wie läuft die ganze Sache an?
[A] Das ist nicht unser Bandbus, das ist Torbens Bus. Läuft zur Zeit gut, kann man sich mal erkundigen unter http://www.myspace.com/benweasel, da findet man Infos über Fahrtwind, Homepage ist zur Zeit in Arbeit, einfach mal googeln die Tage.

[F] Seid Ihr auch mit anderen Osnabrücker Bands verstrickt?
[A] In Osnabrück kennt man sich. THE MISSING SHADOWS, GOOD WITCH OF THE SOUTH, HELIOTROPE und so weiter. Mit Andi von den SHADOWS hab ich jahrelang zusammen gewohnt. Christian von HELIOTROPE hilft mir zusammen mit Lars und Torben dabei, meine Solosachen live umzusetzen, wir heißen dann HERR NEUMANN & DIE ZEITVERSCHWENDUNG und treten ab und zu mal auf, auf der Ebene gibt es dann die Verstrickung mit HELIOTROPE, wenn man so will. Und Lutz, der Live-Schlagzeuger von PENDIKEL, hat vorher mit Lars in einer Band gespielt.
Jan hat in Münster auch noch ein Projekt mit Phillip von den SHELLS, ich weiß gerade gar nicht, wer da noch mitspielt, also Verstrickungen ja, das Übliche eben, die Stadt ist ja auch nicht groß…

[F] Welche Frage könnt Ihr gar nicht mehr hören?
[A] Die nach den Umlauten. Aber das fordern wir ja nahezu heraus…

www.duesenjaeger.org
www.gokartrecords.de
www.myruin.de
www.myspace.com/herrneumann