Ordentlich was los in Hamburg-Billstedt! Das Bambi Galore, quasi die Oase im ansonsten subkulturell eher tristen Osten der Hansestadt, hatte doch tatsächliche hohen Besuch geladen: Doyle Wolfgang von Frankenstein, seines Zeichens in den Zeiträumen 1980-1983 sowie 1995-2002 Gitarrist der legendären MISFITS, gab sich mit seinem Solo-Projekt die Ehre in einem Club, dessen Grundfläche gerade einmal das Dreifache seines angemieteten Tourbusses misst. Aber egal: Auch vor knapp 200 Leuten lässt sich bekanntlich eine anständige Show abreißen! Dies dachten sich auch die aus Frankfurt angereisten MEIN KOPF IST EIN BRUTALER ORT, die an diesem Abend das Publikum auf Betriebstemperatur bringen sollten. Was jedoch zunächst erstmal auffiel, war die unkonventionelle Aufstellung des Sextetts: Da sie ihr eigenes Drumset benutzen mussten, nahm der Schlagzeuger quasi den zentralen Platz auf der Bühne ein, während der Bassist sowie einer der beiden Gitarristen vom Publikum aus gesehen die Vorhut bildeten. Die beiden Sänger agierten hingegen aus der zweiten Reihe, während der andere Gitarrist irgendwie versuchte, zwischen Schlagzeug und Mauerwerk seinen Platz zu finden. Ich habe in meinem Leben zwar mehrere hundert Konzerte gesehen, aber diese Bühnenformation war auch für mich ein absolutes Novum. Ansonsten gab es von MEIN KOPF IST EIN BRUTALER ORT deutschsprachigen Metalcore zu hören, der durchaus zu gefallen wusste. Die Texte konnte man aufgrund des relativ hohen Schreihals-Faktors zwar nur erahnen, aber Songtitel wie „Kopflast“ sind nicht gerade ein Indiz dafür, dass den Jungs die Sonne aus dem Arsch scheint. Der Support-Slot ging somit in Ordnung, wenngleich diese düstere Note genaugenommen die einzige Parallele zum Hauptact darstellte.
Eine Umbaupause später war es dann soweit: DOYLE und seine Mitstreiter betraten die Bühne. Es war mir zugegebenermaßen im Vorwege ein Rätsel, weshalb die Band den Künstlernamen ihres Gitarristen angenommen hat, obwohl mit CANCERSLUG-Sänger Alex Story eigentlich jemand anderes den zentralen Part auf der Bühne bekleidet, doch seit diesem Abend bin ich diesbezüglich schlauer: Doyle alias Paul Caiafa lebt einfach nach wie vor zu 100% seine MISFITS-Rolle und legt mit seinem entblößten, durchtrainierten Oberkörper, dem geschminkten Gesicht und seiner pantomimischen Gestik eine Ausstrahlung an den Tag, die ihn unweigerlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Dazu bearbeitet er mit einer derartigen Brutalität sein Instrument, dass sein Roadie nach nahezu jedem Song eine seiner Gitarren nachstimmen musste. Die Setlist barg hingegen angesichts der Tatsache, dass die Band mit „Abominator“ bisher lediglich ein Album veröffentlicht hat, kaum Überraschungen. Ebenso pragmatisch hielt es Alex Singer mit seinen Ansagen: „The next song is about people who are fucking on a graveyard” lautete beispielsweise die Ankündigung zu “Cemeterysexxx“, brachte den Inhalt des Liedes aber letztendlich auf den Punkt. Dass gerade zum Ende hin noch der eine oder andere MISFITS-Klassiker ins Programm eingestreut wurde, war vom fachkundigen Publikum selbstverständlich mit einkalkuliert worden und war der guten Stimmung entsprechend förderlich. Enttäuscht ist an diesem Abend jedenfalls niemand nach Hause gegangen.