Ohauerha… Da wird der gemeinhin als tyrannisch verschriene Blueprint-Boss aber überhaupt nicht erfreut sein, wenn er sieht, dass ich die eigentlich bereits im März erschienene Platte von COTTONBOMB erst nun – geschlagene sechseinhalb Monate später – bespreche. Er wird mich anschreien, mit seinem randvoll mit Havanna-Zigarrenstummeln gefüllten Metallaschenbecher nach mir schmeißen, und anschließend muss ich in der pompösen Redaktions-Zentrale so lange Staub wischen und Kaffee kochen, bis ich die Diskographie sämtlicher RAMONES-Bootleg-Alben samt Tracklist und Auflagenhöhe fehlerfrei runterrattern kann. Dabei liegt meinerseits wirklich keine Boshaftigkeit für die zeitliche Verschleppung des Feedbacks für diesen digitalen Rundspiegel vor. Ich könnte nun einfach steif und fest behaupten, der Hund hätte meinen Computer gefressen, oder ich hätte in den letzten Monaten jede freie Minute mit der (vom Chef hoch angerechneten!) Fleißaufgabe verbracht, unsere Datenbank mit aktuellen Konzertterminen zu füttern. Aber die Wahrheit ist: Mir fällt bis heute nicht ein, was ich zu diesem extravaganten Silberling schreiben soll. Und das als Mitarbeiter eines nach der Weltherrschaft strebenden Online-Musikmagazins! Vielleicht sollte ich einfach drauflos schreiben und die Klänge von COTTONBOMB bestimmten Musikstilen zuordnen – ich höre beispielsweise fetten Retro-Rock, jede Menge Blues und ein paar Rockabilly-Einflüsse heraus – aber mittlerweile bin ich ja schon dermaßen im Verzug, dass eine bloße Aneinanderreihung von Begriffen aus dem Mittelstufen-Musikunterricht den hochgesteckten Erwartungen unseres Blueprint-Diktators sicher nicht gerecht werden würde. Ich brauche vielmehr ein paar kreative, ja fast schon in die Poesie driftende Worte, um halbwegs unbeschadet aus der Angelegenheit raus zu kommen. Aber woher nehmen? Ich könnte ja einfach heimlich aus dem von der Plattenfirma mitgelieferten Informationszettel abschreiben… Diesem sind nämlich unter anderem folgende professionell klingende Zeilen zu entnehmen:
„COTTONBOMB stampfen, rollen und heulen sich durch ein Album, das auch diesmal nicht ohne Augenzwinkern auskommt. Melancholische Brocken, entspannte Popsongs und derbe Arschtritte machen „Sidman“ zur unterhaltsamen Reise durch staubige Landschaften.“
Klingt gut, oder? Das Dumme ist nur, dass unser Oberster im Falle des Aufliegens meines frechen Plagiatschwindels ebenfalls nicht amüsiert sein dürfte. Aber ganz unter uns: Er muss es ja nicht unbedingt erfahren…