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CARGO CITY – 95% Rock & Roll Lifestyle

Mit „On.off.on.off“ hat Simon Konrad alias CARGO CITY gerade sein zweites Album veröffentlicht. Ähnlich wie beim Debüt „How to fake like you are nice and caring“ überzeugt er auch dieses Mal wieder mit schönen Pop-Songs fernab des Mainstreams.

[F]Angetreten bist du als Singer/Songwriter, abseits deiner damaligen Band. Jetzt sind doch einige Musiker dabei, Freunde schreiben auch an den Songs mit. Wie sehr ist dir Input anderer für deine Songs wichtig, wie dominant bist du in deinen Vorstellungen?
[A]Den Großteil meiner Songs schreibe ich nach wie vor alleine. Genauer gesagt sind von den zwölf Liedern des neuen Albums zehn von mir alleine. Einen der zwei übrigen, „Repeat this line“ habe ich mit meinem Produzenten Ralf Hildenbeutel geschrieben, den anderen, „Almost, almost“, mit Klaus Hermann von TRIP FONTAINE, wobei ich bei diesem Song auch schon alleine recht weit war, aber das Gefühl nicht los wurde, dass noch etwas fehlt, bis Klaus mir dann endlich zwei Akkorde verriet, die das Lied letztendlich abgerundet haben.

[F]Dein letztes Album hatte teilweise Songs, die schon ein paar Tage älter waren. Wie war es jetzt, in einem Jahr ein Album zu machen?
[A]Das war ganz klar eine Herausforderung für mich. Ich konnte und wollte nicht mehr auf ältere Lieder und Ansätze von mir zurückgreifen, um eventuelle Lücken zu schließen. Anfangs setzte mich diese Herangehensweise unter Druck, später, als ein paar Lieder schon geschrieben waren, wurde es leichter für mich. Im Nachhinein denke ich, dass die relativ kurze Phase des Songschreibens ausschlaggebend dafür war, dass das Album so homogen klingt.

[F]Sind die musikalischen und textlichen Einflüsse auf deinem aktuellen Album eher Teil deines letzten Jahres und der Erlebnisse und Veränderungen, oder hat sich da für dich nichts geändert?
[A]Wir waren letztes Jahr sehr viel unterwegs, haben insgesamt ca. 50 Konzerte gegeben und zwei Tourneen gespielt. Das alles mache ich an meinen Wochenenden oder wenn ich Urlaub habe. Diese „Doppelbelastung“ ist schon ziemlich kräftezehrend. Beim nochmaligen Durchhören des Albums, als es schon so gut wie fertig war, ist mir aufgefallen, dass in vielen Texten Gegensätze das Thema sind. Da dies aber unterbewusst geschehen ist, führe ich es auf meine gegensätzlichen Lebensstile zurück: der des Arbeitnehmers und der des Musikers.

[F]Auffällig ist für mich vor allem die Referenz an „Catcher in the rye“. Wie ist die Zeile zu deuten, was bedeutet das Buch für dich?
[A]Das ganze Lied handelt von Holden Caulfield, aber eigentlich noch mehr von seiner Schwester Phoebe, die für mich auch in dem Buch eine sehr wichtige Rolle spielt.
Ich habe das Buch das erste Mal so mit 13-14 gelesen und fand es damals schon ziemlich gut. Dann später mit etwa 18 war „The catcher in the rye“ Pflichtlektüre im Englischunterricht, und ich dachte mir anfangs die ganze Zeit „das kommt mir alles so krass bekannt vor wie eine Art Deja-Vue“. Bis ich rausfand, dass „rye“ „Roggen“ bedeutet, dann endlich der Groschen fiel und ich mich freute, das Buch nochmal in der Originalfassung lesen zu können.

[F]Ohne große Plattenfirma alleine Musik zu machen, hat sehr viel mit Idealismus zu tun. Welchen Stellenwert hat Musik in deinem Leben?
[A]Einen sehr hohen. Musik ist für mich ein Ventil, durch Musik kann ich mich kreativ ausdrücken. Ich bin mir sehr sicher, dass ich auch als Rentner noch oft Gitarre spielen werde.

[F]Wie viel Idealismus benötigst du für deinen Job als Sozialpädagoge?
[A]Es kommt schon ab und zu vor, dass ich mich selbst frage, wieso und für wen ich das alles mache, aber es gibt auch viele Momente, in denen ich das genau weiß. Zum Beispiel wenn man beobachtet, wie ein Jugendlicher in einem bestimmten Bereich Fortschritte macht oder wir einfach gemeinsam Spaß haben. In solchen Momenten bekommt man für seinen Idealismus auch etwas zurück.

[F]Wie fühlt es sich für dich an, wenn die Menschen um dich herum älter werden, Häuser bauen, Kinder bekommen,…
[A]Soweit ist es bei mir, ehrlich gesagt, noch nicht. Alle meine Freunde wohnen noch in mehr oder weniger schäbigen Wohnungen und WGs und sind kinderlos.
Das Älterwerden finde ich mittlerweile nicht mehr schlimm, es ist eigentlich eine schöne Sache, mit langjährigen Freunden älter zu werden und zu sehen, wie sich alle so entwickeln.

[F]Wenn man über dich und deine Alben liest, fallen immer wieder die Begriffe „schön“, „Pop“ und auch „Mädchenmusik“. Wie nimmst du so etwas auf, und wie siehst du dich selbst als Menschen, der immer als ein perfekter Schwiegersohn in der Musik rüberkommt?
[A]Mit den Begriffen „schön“ und „Pop“ habe ich keine Probleme, „Mädchenmusik“ finde ich etwas überspitzt, aber ich weiß, dass auch ein paar männliche Wesen meine Musik gut finden. Ich kann damit leben, dass mehr Mädchen bzw. Frauen zu Konzerten kommen als zum Beispiel langhaarige, schwitzende Metal-Fans in SEPULTURA-T-Shirts.

[F]Ehrlich Antwort zum Schluss: wieviel Prozent Rock’n’Roll Lifestyle und wieviel Prozent Kaffeekränzchen ist es, wenn du auf Tour bist?
[A]Auch wenn es die Musik nicht immer vermuten lässt, ist das schon zu 98% Rock `n` Roll. Wir schlafen wenig und trinken viel. Wenn wir unterwegs sind, ist das immer ein bisschen so wie Klassenfahrt ohne Lehrer. Die fehlenden 2% zum kompletten Rock `n` Roll-Lifestyle beziehen sich auf eine etwas sonderbare Selbsterfahrung, die ich im Vorfeld der letzten Tour gemacht habe: Ich bin wie ferngesteuert in eine Drogerie gegangen und habe mir einen Kulturbeutel mit Inhalt gekauft. Das hat mich schon selbst etwas schockiert. Früher habe ich mich nicht mal um eine Zahnbürste gekümmert.
Wenn ich nochmal so darüber nachdenke, finde ich, dass ein Kulturbeutel das genaue Gegenstück zum Rock `n` Roll-Lifestyle ist, ich korrigiere mich deshalb etwas nach unten: Auf Tour sind wir ca. 95% Rock & Roll.

[F]Danke für das Interview.
[A]Danke auch.

http://www.cargocitymusic.com/cargohome
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