Selten gibt es Alben, auf die man sich ganz extrem freut und gleichzeitig auch irgendwie die Befürchtung hat, enttäuscht zu werden. Seit nunmehr fast sieben Jahren verfolge ich das Schaffen von Sebastian „Kapitän“ Müller a.k.a. CAPTAIN’S DIARY. Dieser bringt nun sein drittes Album auf den Markt, das schon durch das Äußere zu bestechen vermag – und dieses Versprechen dann auch im musikalischen Inhalt halten kann. Großes Durchatmen. Denn ich habe immer etwas Sorge davor, dass Singer/Songwriter, die ihr Album dann plötzlich mit Band aufnehmen, an Authentizität einbüßen. Das passiert bei „Zeitraffergeschichten“ glücklicherweise nicht – ganz im Gegenteil. Ein bisschen merkt man, dass hier das Label von MATZE ROSSI im Hintergrund wirkt, denn selten hat man den CAPTAIN mit so viel Kraft und Druck erleben dürfen. Die Band, die im Hintergrund (und auch das ist ja immer so eine Sache bei Musikern, deren Texte doch besonders wichtig sind…) wirkt, stellt sich dabei ganz hervorragend auf die einzelnen Tracks ein, arbeitet mal mit Wut im Bauch und mal ganz entspannt aus einer lauschigen Ecke heraus. Und den Texten Müllers wird auf „Zeitraffergeschichten“ der notwendige, verdiente und ausreichende Raum gegeben, um die erhoffte Wirkung zu zeitigen: Sich im Hirn der Hörer festzusetzen. Das gelingt mal mit einzelnen Textstellen („Wieso muss ich alles genau wissen? Und dann zerdenken, bis es schmerzt?“), mal auch mit ganzen Lyrics, wie etwa bei „Teufel Angst“, einem extrem persönlichen Text, der aber auch genügend Platz für die eigenen Gedanken und Empfindungen lässt. Besonders schön ist und bleibt bei CAPTAIN’S DIARY aber auch diese Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und die Fähigkeit, Alltagsbeobachtungen in Texte umzumünzen, die einfach auf den Punkt treffen. Denn wer kennt ihn nicht, diesen Stress, wenn mal wieder Smalltalk angesagt ist und man überhaupt keinen Bock darauf hat? Hierzu gilt es, „Ich kann das nicht“ anzuhören. Wie ich überhaupt nur sagen kann: Bitte hört euch „Zeitraffergeschichten“ an, am besten am Stück und wenn ihr die Möglichkeit habt, gerne auch live. Aber ob gemütlich zu Hause mit den Augen im Winterhimmel oder verschwitzt im kleinen Club um die Ecke: Das Logbuch des Captains lohnt einen Blick und zwei Ohren. Wunderbare Songwriter-Tracks, die uns nachdenklich und glücklich machen. Alles richtig gemacht. Und alle Befürchtungen zerstreut.
„Das Hier und Jetzt trägt keine Schuld, dass wir so sind, wie wir sind.“