Ich hasse Frühkonzerte am Wochenende. Da gibt es nichts, aber auch gar nichts, was ich daran gut finden könnte. Oder doch: Werder hat gegen Cottbus verloren. Gegen Cottbus… Also derbe schlecht gelaunt direkt nach dem Abpfiff auf den Kiez.
Eigentlich keine guten Voraussetzungen für einen guten Abend. Die Aussicht auf ein Konzert im D-Club steigert meine Freude auch nicht wirklich. Aber immerhin handelt es sich um BLOC PARTY, das passt schon irgendwie.
Und wie das passte! Allerdings durften erst noch DELPHIC ein knapp 30minütiges Gastspiel geben. Sehr technolastig und eher Rave-Charakter an einigen Stellen, zwischendurch zwar immer wieder Brit-Rock und BLOC PARTY-Anleihen, aber im Grunde schon sehr elektronisch. Ein Trend, der leider gerade viel zur stark wird… Ich sehe schon Leute mit Müllmannhosen im Kiss Kiss Club…
Dann endlich BLOC PARTY und bitte: eigene Anlage, eigenes Licht, das beste Konzert im D-Club ever! Ever Ever! Ich habe ja nun schon einige Konzerte gesehen, aber diese Euphorie und diese Stimmung war einfach Weltklasse. Kein Vergleich zur letzten Show in der Großen Freiheit.
Hier blieb keine Achsel trocken und kein Mundwinkel unten. Neue Songs, alte Songs, egal. Ohne viel Elektronik, dafür mit Fabrikgebäude-Halleffekten und der bestmöglichen Mischung zwischen abgezockter Professionalität und Spaß machten BLOC PARTY diesen Abend besonders. Sogar ein „Mercury“ wurde perfekt in das Set integriert. Und gerade bei solchen Songs machte sich der eigene Lichttechniker bezahlt. Jeder Song perfekt unterstützt.
Wer nicht da war, ist selbst schuld. Das gibt es so schnell nicht wieder! (ob)
„Lord, give me grace and dancing feet. Let me outshine them all”, und Gott erhörte Kele und schenkte Band und Fangemeinde eine Sternstunde. Gekleidet in T-Shirt und roter Jogginghose („Damit ich beim Tanzen nicht so schwitze!”) geleitete unser singender Confrencier das Publikum, vor allem die ihm zu Füßen liegende, weibliche Fangemeinde, launig durch einen beeindruckenden Abend. Selten hat man ein derart gut auf die Musik abgestimmtes und effektvolles Licht gesehen, ohne dass die Show überfrachtet wirkte. Was man erst recht vom Sound sagen kann. Glasklar und doch druckvoll, tiefe, aber nicht Herzrhythmusstörungen auslösende Bässe, ein sehr natürlicher Drumsound, beide Gitarren absolut differenziert zu hören und oben drüber klar und deutlich der Gesang. Platz eins in der ewigen Bestenliste so far! Doch was wäre all das ohne die Band? BLOC PARTY waren in überragender Form, energetisch, spielfreudig, überraschend, souverän und dabei sympathisch bis zum Geht-nicht-mehr. Natürlich war man gespannt darauf, wie sie die doch etwas überproduzierten Songs des zweiten und die teils recht technoiden Songs des aktuellen Albums live umsetzen würden. BLOC PARTY schafften den Spagat, vereinten die, die auf ein weiteres „Banquet” warten mit denen, die sich den Start in den Tag ohne „Mercury” nicht vorstellen können. Es war unglaublich beeindruckend, wie die Band es schaffte, altes und neues Material absolut homogen zu einem fulminanten Live-Set zu vermischen. Zum Einsatz kam dabei fast ausschließlich die Standardinstrumentierung Bass, Schlagzeug, Gitarren. Gelegentlich verdichtete Samples, programmierte Sequenzerspuren, ein Xylophon, ein kleiner Synthie und ein Sampling-Pad, letztere alle bedient durch den Bassisten Gordon Moakes, das Klangbild. Den Rest besorgten Kele und Russell mit ihren Gitarren und einem Haufen von Effekten. Programmierte Beats? Wer einen Drummer wie Matt Tong hat, braucht keine Beatbox. Der trommelt sowas live und singt noch dabei. Gerade den sehr elektronischen Songs der jüngsten Vergangenheit tat dieses schlanke, eher indierockorientierte Arrangement gut, und so waren es überraschend Songs wie „Flux”, „Mercury” und vor allem „Ares”, die das Publikum umhauten. Weitere Höhepunkte waren „The prayer” und „Haunting for witches”, von manchem Hit des Debüts ganz zu schweigen. Nach drei Zugaben (nun gut, die erste war wohl eher das zweite Set des Konzertes) entließen uns die vier Londoner mit „The pioneers” in die verregnete Nacht von St.Pauli. Das größte Verdienst dieses denkwürdigen Abends war jedoch die Tatsache, diese Ausnahmeband immer noch in einer überschaubaren Location genießen zu können. Auf ihrem möglichen Weg ins Stadion biegen BLOC PARTY immer wieder rechtzeitig ab und nehmen die unbefestigten Wege durchs Gelände. Ein Beleg dafür: Ihr größter Konsenshit „I still remember” blieb außen vor. (hs)