Das muss man sich mal vorstellen: Da verpasst die COVID-19 Pandemie zunächst einer kompletten Konzert- und Club-Szene einen monatelangen Knock-Out und bringt unzählige Künstler, Clubs, Veranstalter und in diesen Bereichen ihren Lebensunterhalt bestreitende Menschen in eine existenzbedrohliche Situation. Dann schaffen es engagierte Menschen, unter großem organisatorischen Aufwand wieder Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, die im Sinne der geltenden Hygieneauflagen und zur Gewährleistung der Sicherheit der Besucher im Freien stattfinden. Dann wird eine solche Veranstaltung sogar noch uneigennützig als Soli-Konzert für das Club-Kombinat, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, durch die Pandemie in Existenznot geratene Clubs zu unterstützen, durchgeführt. Und dann haben irgendwelche kackbratzigen Anwohnenden nichts Besseres zu tun, als sich über den Lärm der vom Monkeys Music Club durchgeführten Freiluft-Veranstaltungen zu beschweren, so dass diese ab sofort nur noch unter weiteren Einschränkungen möglich sind. Und das Ganze auch noch mitten im ehemals alternativ eingefärbten Stadtteil Ottensen, dessen ursprüngliche Bevölkerung im Zuge der letzten Jahre immer weiter weggentrifiziert und zunehmend durch ein Klientel ersetzt wurde, das für derartige subkulturelle und solidarische Kinkerlitzchen offensichtlich eher wenig Verständnis aufbringt. In diesem konkreten Fall traf es die Hardcore-Band LAST LINE OF DEFENSE, die eigentlich als Vorband eingeplant war, aufgrund des durch Auflagen bedingt reduzierten Zeitfensters jedoch schweren Herzens wieder ausgeladen werden musste. Insofern hatten ARRESTED DENIAL alleine die verantwortungsvolle Aufgabe, das Publikum zu unterhalten, was ihnen trotz des Umstandes, dass sie, abgesehen von einer einzigen Probe unmittelbar vor dem Konzert, zuletzt im Dezember 2019 gemeinsam musiziert hatten, ausgezeichnet gelungen ist. Da zudem die Bassisten-Position bei den Hamburgern aktuell vakant ist, sprang zur Feier des Tages Martin Shitler ein, der sich mit seinem Badelatschen-Slacker-Outfit zwar optisch von seinen temporären Mitmusikern abhob, ansonsten aber seine Hausaufgaben gemacht hatte und eine solide Performance ablieferte. So gab es neben Streetpunk-Stücken wie „Heimathafen“, „Nationalisten aller Länder“, „Bis hier, bis heute“ oder „Stillstand“ auch ein kleines ROXETTE-Medley zu bestaunen, welches sich aus den Stücken „Dressed for success“ und „Sleeping in my car“ bestand. Und dann zum Ende hin hatten LAST LINE OF DEFENSE doch noch ihren Auftritt, oder besser gesagt deren Frontmann, der sich bei einem weiteren Medley, bestehend aus dem HATECLUB-Song „Welcome“ und dem LLOD-Stück „Hate the state“, die Seele aus dem Leib brüllen durfte, um im Anschluss wieder vorbildlich mit Mund-Nasen-Schutz verhüllt im Publikum unterzutauchen. Speaking of Hate: Natürlich durfte auch der ARRESTED DENIAL-Gassenhauer „Ich hab beschlossen, euch zu hassen“ an dem Abend nicht fehlen. Bleibt zu hoffen, dass diesen auch die Anwohnenden, die mit ihrer Beschwerde für die zusätzlichen Konzerteinschränkungen gesorgt haben, vernommen haben und sich ausdrücklich angesprochen fühlten.