Kennt Ihr den Kent Club? Ehemaliger Stage Club, der von 2003 bis 2020 existierte und als Konzertlocation in der Indie-Szene eher ohne große Bedeutung war. Doch mittlerweile hat man sich von der Stage Entertainment und somit auch von dem benachbarten Musical-Theater losgesagt und veranstaltet seit Frühjahr 2022 unter dem Namen Kent Club internationale Konzerte. ROCKET FROM THE CRYPT wären meine erste Band gewesen, die ich dort gesehen hätte, aber auch sie mussten ihre Europa-Tour aus Pandemiegründen canceln. Im Oktober war es nun endlich so weit, denn … AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD riefen mit ihrem mittlerweile elften Album „XI – Bleed here now“ zur ersten Live-Show in Hamburg seit zweieinhalb Jahren.
Doch bevor es losging, durften pünktlich um 20 Uhr AVALANCHE PARTY aus dem Nordosten Englands ran und konnten das Publikum mit ihrem wilden Stilmix aus Garage Rock, Post-Punk und Psychedelic und einer Menge Bühnenaction durchaus auf ihre Seite ziehen. Das passte gut als Support, da auch TRAIL OF DEAD dem Überschreiten von Genregrenzen ja durchaus offen gegenüberstehen. Nach einer guten halben Stunde war Schluss und unsere Ohren bereits ordentlich durchgepustet.
Die Umbaupause konnte man perfekt dazu nutzen, um sich dem Merch der Bands zu widmen. Von AVALANCHE PARTY gab es farbenfrohe Jacken, von dem Hauptact aus Austin neben verschiedenen Shirts auch eine Vielzahl an Kunstdrucken von Conrad Keely. Anscheinend hat der Sänger und Gitarrist von TRAIL OF DEAD die Coronazeit ausgiebig für seine künstlerischen Nebentätigkeiten genutzt, wobei der Begriff „Nebentätigkeit“ eigentlich eine Beleidigung darstellt, wenn man sich seine filigranen und aufwändigen Zeichnungen ansieht. Neben den Siebdrucken gab es für geneigte Käufer auch noch einige Originale zu erstehen, die direkt aus seinem Zeichenblock entnommen worden sind, wie man an der seitlichen Abrisskante erkennen konnte.
Los ging es dann gegen kurz nach neun mit „Totally natural“, einem lauten Song ihres Zweitwerks „Madonna“ von 1999, gefolgt von „No confidence“, einem Stück ihres aktuellen Albums, das so rockig daherkommt, dass es auch gut von MOTORPSYCHO hätte stammen können. Es folgte eine chronologisch sehr ausgewogene Mischung aus dem gesamten Portfolio der Band, wobei es insgesamt betrachtet wahnsinnig laut zuging, was auf Kosten der Dynamik ging und weniger an der Songsauswahl als vielmehr am Sound lag. Warum das alles so laut und basslastig abgemischt werden musste, bleibt uns ein Rätsel. Gut möglich, dass der Club erst noch seinen richtigen Sound finden muss – dafür spricht, dass es zu Beginn des Konzertes auch seitens der Band ungewöhnlich viele Wünsche zur Lautstärkeanpassungen gab. Als wir nach dem letzten Song, ihrem kleinen Hit „Will you smile again“, mit piependen Ohren gingen und den Türsteher auf die hohen Dezibel ansprachen, sagte er, dass die Band dies so gewünscht habe und beim Soundcheck sogar doppelt so laut gewesen sei. Ob dies so stimmt, bleibt offen. Ein Manko war es aber allemal.