Verstehe das einer! Da spielte an dem einen Abend eine Band aus London, die kurz zuvor zusammen mit BLOC PARTY unterwegs war, im Molotow – vor zwölf Zuschauern. Und an einem anderen Abend kommen an die zweihundert Gäste zu einem Konzert mit zwei Bands, die beide weder aus Hamburg kommen, noch irgendetwas veröffentlicht haben.
Na gut, man muss gestehen, dass um ME AND MY DRUMMER bereits seit längerem ziemlich viel Wirbel gemacht wird. Ihr Auftritt auf dem letztjährigen Reeperbahnfestival war bereits kein Geheimtipp mehr – die Meanie Bar platze förmlich aus allen Nähten. Und die Verbindung zu Eva und Philipp Milner von HUNDREDS besteht nicht nur aus einem gemeinsamen Label und einer gewissen musikalischen Ähnlichkeit, sondern aus einer persönlichen Freundschaft untereinander. Selbstverständlich waren die Milner-Geschwister auch beim Auftritt in der Zentrale wieder ganz vorne mit dabei, und offenbar hat sich der Insider-Status inzwischen herumgesprochen. Und das zu Recht. Die Musik von Charlotte Brandi und Matze Prölloch ist einfach zu markant und besonders, um überhört zu werden. Während Charlotte an ihrem E-Piano Geschichten erzählt, träumt, an ihren Synthies herumdreht, zu singen beginnt und schließlich inbrünstig zu hohen Oktaven ausholt, unterstützt sie Matze mal sanft, mal rhythmisch versiert an seinen Drums. Und das genügt. Keine Gitarren, kein Bass, kein sonstiger Schnickschnack. Just Music. Gefunden haben sich die beiden übrigens als Theatermusiker, gelandet sind sie musikalisch irgendwo zwischen BJÖRK, den DRESDEN DOLLS, TORI AMOS und eben HUNDREDS. Das Debüt erscheint im Frühjahr. Auf Sinnbus.
Ebenfalls auf Sinnbus veröffentlichen EINAR STRAY aus Norwegen. Eine Woche und einen Tag nach ihrem Konzert in der Hamburger Zentrale. Es war nicht nur ihr erster Auftritt in Hamburg, sondern auch ihr erster Auftritt in Deutschland, ließen sie ihr Publikum zu Beginn des Konzertes wissen. Und sorgten dabei nicht nur optisch, sondern auch von der Instrumentierung für einen ziemlichen Kontrast zu dem heutigen Support. Setzten ME AND MY DRUMMER eher auf Minimalismus, punkteten EINAR STRAY durch farbenfrohe Strickklamotten und Holzfäller-Hemden und wechselten munter zwischen ein- und fünfstimmigem Gesang, Akustikgitarre, Bass, E-Piano, Drums, Glockenspiel, Violine und Cello hin und her. Musikalisch wurde es mal fröhlich, mal melancholisch, fast immer aber melodramatisch. Erinnerte man sich in einem Moment noch an SIGUR RÓS, kamen einem kurze Zeit später TIGER LOU und die gesamte Saddle Creek Sippschaft in den Sinn. Wenn man bedenkt, dass der Kopf und Namengeber hinter der Band gerade einmal 21 Lenzen auf dem Buckel hat, wird einem Angst und Bange, was da zukünftig noch kommen mag. Auch wenn am heutigen Abend wahrscheinlich mehr Zuschauer wegen der ersten Band anwesend waren, haben EINAR STRAY durch stimmgewaltige Songs und sympathisches Understatement dafür gesorgt, dass nächstes Mal auch sie nicht mehr als Geheimtipp durchgehen werden.