Ich war ja zunächst skeptisch, als ich hörte, dass FEINE SAHNE FISCHFILET ihren Hamburg-Stopp im Rahmen der Tour zu ihrem neuen Album „Sturm & Dreck“ in der Wilhelmsburger Inselparkhalle einlegen würden. Natürlich hatten die Mecklenburger in den letzten Monaten einen enormen Popularitätsschub erlebt, aber dass ein Konzert dieser extrem basisnahen Band in einer Sporthalle mit einer Kapazität von mehreren tausend Leuten tatsächlich ohne Reibungsverluste funktionieren könnte, überstieg ehrlich gesagt bis zuletzt meine Vorstellungskraft. Als wir dann ungefähr anderthalb Stunden vor Konzertbeginn an der Halle eintrafen, schienen sich meine Befürchtungen gewissermaßen zu bestätigen, denn dort stauten sich die Konzertbesucher bei Minustemperaturen und entsprechender Laune in einer ungefähr 200 Meter Schlange vor dem Eingang. Spätestens, als man dann am Bierstand eigens für die Tour gefertigte FEINE SAHNE FISCHFILET-Mehrwegbecher mit dem Aufdruck „Niemand muss nüchtern sein“ in die Hand gedrückt bekam, wurde einem bewusst, dass die Zeiten der familiären Konzerte dieser Band in autonomen Jugendzentren wohl endgültig vorbei sind. Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch nur wenige Bands dieser Größenordnung, die trotz ihres Erfolges dermaßen bodenständig geblieben sind. Insofern galt es, der Dinge ihren Lauf zu lassen und vorurteilsfrei abzuwarten, was der weitere Verlauf des Abends so bringen würde.
Als Vorband wurden für diesen Abend THE MOVEMENT verpflichtet, die bereits vor drei Jahren im Übel & Gefährlich für FEINE SAHNE FISCHFILET eröffneten und somit bereits einem Teil des Publikums ein Begriff gewesen sein dürften. Unbeeindruckt von ihrer leicht überdimensionierten Umgebung lieferten sie eine wahnsinnig energiegeladene Show ab. So erinnerte der Drummer nicht nur aufgrund seiner Haarpracht an „Animal“ aus der Muppet-Show; und der besonders agil wirkende Bassist wirbelte seinen Viersaiter nicht nur unablässig in der Gegend herum, sondern fiel zudem auch noch immer mal wieder mit enthusiastischen Sprüngen von der Bassdrum auf. Frontmann Lukas Scherfig verlieh währenddessen mit ekstatischem Gitarrenspiel und seiner rauchigen Stimme Liedern wie „Control your temper“ den nötigen Drive, was von Publikumsseite bereits mit dem einen oder anderen Aufwärm-Pogo honoriert wurde.
Bevor der Hauptact des Abends jedoch im Anschluss die Bühne betrat, wurde zunächst einmal die Musik aus der Konserve aufgerissen, und ab diesem Augenblick lösten sich all meine eingangs erwähnten Zweifel hinsichtlich der Location-Wahl in Luft auf. Denn bereits bei den eingespielten Liedern von Bands wie DEAD KENNEDYS, KNOCHENFABRIK oder den TOTEN HOSEN ist der vordere Teil der Halle regelrecht durchgedreht und die Security im Fotograben hatte alle Hände voll damit zu tun, Crowdsurfer in Empfang zu nehmen. Wohlgemerkt, bevor FEINE SAHNE FISCHFILET überhaupt auf der Bühne standen, geschweige denn auch nur einen einzigen Ton gespielt hatten! Als dann schließlich im direkten Anschluss der Opener „Zurück in unserer Stadt“ live von der Bühne ertönte, gab es entsprechend kein Halten mehr. Und was soll ich sagen – ich habe selten ein dermaßen intensives Konzert in dieser Größenordnung erlebt. Erwartungsgemäß wurde viel Material vom neuen Album gespielt, wie beispielsweise „Alles auf Rausch“, „Ich mag kein Alkohol“, „Dreck der Zeit“, „Zuhause“ oder „Niemand wie ihr“. Doch auch ältere Lieder kamen selbstverständlich nicht zu kurz: Bei „Geschichten aus Jarmen“ holte Sänger Monchi seinen Bruder zur Unterstützung auf die Bühne, „Wut“ und „Für diese eine Nacht“ durften natürlich ebenfalls nicht fehlen, bei „Komplett im Arsch“ bebte erwartungsgemäß die Halle, und „Warten auf das Meer“ sorgte für kollektive Gänsehautatmosphäre. Für die Nostalgiker wurde sogar „Solidarität“ vom allerersten Album zum Besten gegeben. Dazwischen geizte der nach überwundenem Infekt prächtig aufgelegte Monchi nicht mit Ansagen, wobei er sich gerade bei Liedern mit ernstem Inhalt wie „Angst fressen Seele auf“ oder „Suruc“ ausgiebig Zeit nahm, um die Hintergründe der Texte zu erläutern. Insofern war im Endeffekt doch alles irgendwie wie immer bei FEINE SAHNE FISCHFILET-Konzerten – nur eine Nummer größer. Und mit langen Warteschlangen vor der Tür sowie exklusiven Mehrweg-Plastikbechern.