44 LENINGRAD – 20 Jahre

Da begegnen sich GOGOL BORDELLO, LENINGRAD COWBOYS und IN EXTREMO. Welch seltsame Mischung. Allerdings sind 44 LENINGRAD bereits seit 20 Jahren aktiv, was auch den Albumtitel recht einfach erklärt. Die selbstgewählte Musikbezeichnung Russian Speed Folk trifft die Musik der Potsdamer schon ganz gut. Wobei mir das Ganze etwas zu einseitig und klischeeüberlastet klingt. Was wahrscheinlich unter dem Einfluss diverser Wodkagläser und in Bierzeltatmospähre anders wäre, denn genau dahin passen 44 LENINGRAD mit ihrer mal melancholischen, mal brachialen Folkattitüde.
Meiner Meinung nach wirken GOGOL BORDELLO oder auch DeVOTCHKA dann aber doch authentischer, echter und ehrlicher. „20 Jahre“ ist in Teilen durchaus hörbar, schafft es aber längst nicht auf einen der vorderen Plätze der Balkan-Folk-Hitparade.
Was den Gesamteindruck vom russischen Folkabend ziemlich zerstört, sind die Anleihen aus dem Mittelalter-Metal („Vladimirs Tafelrunde“, „Die Stadt“ etc.), die einfach mal so gar nicht passen wollen und mich als Hörer verstört zurück lassen… vielleicht ist das ja auch Absicht, wer weiß. Aus meiner Sicht jedenfalls muss das nicht sein.
Mit fortlaufender Dauer wird „20 Jahre“ immer eintöniger, gleichbleibender und sich selbst wiederholender. Da hätte man sich vielleicht vier, fünf Songs sparen können (oder gleich klingende möglichst nicht direkt hintereinander setzen müssen), um einen bleibenderen Eindruck zu hinterlassen. So spuken 44 LENINGRAD einfach irgendwo im Kurzzeitgedächtnis herum, und verlieren sich dann zwischen den genannten anderen Bands, ohne dass man die Fußspuren verfolgen könnte. Oder müsste.

Simon-Dominik Otte

Mensch. Musiker (#Nullmorphem). Schauspieler (#BUSC). Rezensent (#blueprintfanzine). Come on, @effzeh! AFP-Fan. (#Amandapalmer). Lehrer. Und überhaupt. Und so.