Smith & Miller Records ist nicht irgendein neues Label aus Berlin sondern eine Kollaboration von Edition NoName und Proll-Streetwear. Gerade aus den Neunzigern war Edition NoName einer DER Berliner Mailorder, hier hat man sich immer fleißig mit Merch-Artikeln eingedeckt. Kam alles so ein bisschen aus dem Dunstkreis der Fanzines Skintonic/SkinUp und dem Oi!Reka-Umfeld. War damals eh alles recht spannend, was da so aus Berlin an subkulturellem Input rüberschwappte, jedenfalls für einen wie mich, der dies alles aus dem beschaulichen Schleswig-Holstein verfolgte. Auf der einen östlichen Seite, eine eher Oi-dominierte Szene, BIERPATRIOTEN, SHOCK TROOPS. Unpolitisch hatte damals einen anderen Stellwert bzw. wurde anders ausgelegt als heute. Auf der anderen, westlichen Seite von Berlin war alles relativ Ska-lastig, MOTHER´S PRIDE, BLECHREIZ. Meiner eins zog es mehr zu den Ska-Klängen in das beschauliche und benachbarte Potsdam zum Ska-Festival. Kommen wir zum aktuellen Zeitgeschehen, laut Labelinfo ist man ein Independent-Label nicht nur für Ska und Punk, man macht, was einem selbst gefällt. Gefallen scheint man, jedenfalls wenn man sich an dieser Veröffentlichung orientiert, am schnellen, aggressiven Oi- Straßensound zu haben und veröffentlicht erst einmal das Debüt von HARD HEADED. Die Band stammt aus Belgien und wurde erst 2019 gegründet. Die Bandmitglieder haben zuvor aber reichlich Erfahrung in Bands wie zum Beispiel VIOLENT CLASS, THE FILTH oder auch REPOACH gesammelt. Nach anfänglicher Überraschung über das Wiedersehen mit Edition NoName, merke ich bei HARD HEADED aber schnell, wo der Hammer hängt. Schickes Coverartwork im Cruicified-Stil und die „üblichen Verdächtigen“-Themen bei der Titelauswahl. Musikalisch treffen hier roughe US-Oi-Klänge auf urbritischen Streetpunk-Trademarksound. Und das machen HARD HEADED recht gut. Beinharte 80s Oberkante Unterlippe, aggressiv, puristisch und schnell vorgetragen, ohne Overdubs und Effekthascherei. Textlich werden Antisocial-Weisheiten vorgetragen aber auch wütende Kritik an der aktuellen Digitalisierung der Gesellschaft. Und jetzt kommt es natürlich immer auf die eigene Perspektive an, viele Leute lieben ja diesen Alte-Schule-Straßensound, solide und handfeste Werkarbeit, Album für Album, ohne viele Höhen aber auch mit wenig Tiefen. Ich will HARD HEADED natürlich nichts unterstellen, ich halte es aber nicht für unwahrscheinlich, dass das zweite und das dritte Album sehr ähnlich klingen werden wie das aktuelle. Und genau diese Hörerschaft sollten sich dieses Erstlingswerk einmal reinpfeifen. Insgesamt eine authentische Zeitreise ohne Schnörkel und ohne große Überraschungen, aber mit einer guten Menge charmebehafteter Authentizität.