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SOKO LINX – Auf die Fresze. Fertig. Los!

 
Lange schon hat mich keine Band mehr derart überrascht wie SOKO LINX. Dabei fing im Oktober 2021 eigentlich alles relativ normal an: Damals erschien mit „Sehnsucht nach Retrotopia“ ihre erste digitale Single auf Bakraufarfita Records, ein wunderbarer deutschsprachiger Pop-Punk-Song mit guter Message und schöner Hookline. Auch die darauffolgende Vorab-Auskopplung „Ihr habt hier nichts zu suchen“ schlug im Grunde genommen ebenfalls in diese Kerbe und erinnerte mich gar ein wenig an ZSK. Doch ihr dritter Streich „Muszichnich“ projizierte Fragezeichen auf meine Stirn: War das hier wirklich dieselbe Band?! Anstatt griffiger Gitarrenriffs knarzte plötzlich kühler Elektro-Rap aus den Boxen, und langsam dämmerte mir, dass ich es mit einer Formation zu tun habe, die nicht im Traum daran denkt, sich selber musikalische Grenzen zu setzen. Ganz besonders deutlich wird dies, wenn man das Album „Auf die Fresze. Fertig. Los!“ zum ersten Mal an einem Stück durchhört: SOKO LINX springen hierauf munter zwischen den bereits genannten Stilen hin und her, greifen bei Bedarf auch mal auf die produktionstechnische Unterstützung von DER TANTE RENATE zurück und haben mit dem früheren DIE PRINZEN-Sänger Sebastian Krumbiegel sogar einen Gast-Promi auf der Platte, bei dem man sich unweigerlich fragt, wie er denn in diese Sache hineingeraten ist. Das Erstaunliche dabei ist, dass dieses Konzept sogar wunderbar funktioniert, sobald man sich einmal darauf eingelassen hat. Denn ähnlich wie bei den Label-Genossinnen THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM geht es hier nicht bloß um tanzbare Musik, sondern vielmehr um die Artikulation politischer und gesellschaftlicher Systemkritik in Form eines stellenweise etwas infantil wirkenden Gesamtkunstwerks, welches der ursprünglichen Idee von Punk einen zeitgemäßen Anstrich verpasst. Dies wird sicherlich nicht jeder und jedem gefallen, aber um „Everybody´s Darling“ zu sein sind SOKO LINX mit Sicherheit auch nicht angetreten.
 

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.