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VELVETEEN – Shoegazing im kühlen Norden

„Das ist ja unglaublich, was Benny für Musik auflegt, so etwas habe ich noch nie in einem anderen Club gehört!“ Karsten kann es nicht fassen: “Jetzt spielt der doch tatsächlich CHAPTERHOUSE…“
Das Ganze passiert im Grünen Jäger auf St. Pauli. Das Konzert ist vorbei. VELVETEEN haben die Gäste in schmerzvollen Gitarrenwänden ertränkt und alten Lieblingshelden unverhohlen ihre Ehre erwiesen – ADORABLE, RIDE, MY BLOODY VALENTINE, um nur ein paar Beispiele zu nennen, eben die Großen des Shoegazing-Zeitalters. Shoegazing, weiß eigentlich noch jemand, was das ist? Bands, die herzzerreißend schöne düstere Gitarrenpopmusik machen und dabei deprimiert auf ihre Füße starren; tja, ist eben lange her, so Anfang Neunziger.
VELVETEEN gibt es seit 1997. Sie kommen aus Frankfurt. Und sind seit sieben Jahren ohne Plattenvertrag. Man hatte keine Lust, für Plattenfirmen sich in die Musik pfuschen zu lassen. Man macht die Alben jetzt eben selber. Was durchaus als etwas großkotzig daherkommen könnte, klingt jedoch aus Karstens Mund (er ist der Frontmann) völlig verständlich. Man kann ihm nur beipflichten und ihn auffordern so weiterzumachen. Das Konzert hat es bewiesen: Die Musik war nicht angepasst, sie war vollkommen unmodern, weil einfach dem nachempfunden, was deren Bandmitgliedern am Herzen liegt. Schöne, schwere Gitarrensounds, ein schmachtender Gesang und dazu ein fabelhaftes kleines Filmchen vom Frontmann selbst aufgenommen und im Hintergrund gezeigt – so wurde aus dem kleinen Konzert-Abend ein großes Ereignis.
Aber leider zeigten sich die Hamburger Gäste mal wieder von ihrer kühlen, norddeutschen Seite. Zwar kamen so an die vierzig von ihnen, doch drängt sich einem leicht mal die Frage auf: Warum? Es wurde rumgestanden mit respektvollem Sicherheitsabstand, ernste Gesichter ringsum, so dass man auf die Idee kommen könnte, einem literarischen Großereignis beizuwohnen. Dass die Musik jedoch ihre Gefühle angesprochen hätte, konnte man den Zuschauern einfach nicht ablesen. Entsprechend gering dann auch der Applaus.
„Wir hätten ja gern noch das ein oder andere Lied gespielt, aber wenn nicht mal einer im Publikum was sagt…?“ Karsten hatte seine Probleme mit den Hamburgern, wer mag es ihm schon verübeln. Und wären da nicht Revolver-Benny und noch so ein paar andere Leute gewesen (später dann, in der „Mutter“ („Mutter? Klingt irgendwie nach Rammstein-Kneipe“, so Schlagzeuger Tommy)), er und seine Kollegen von VELVETEEN hätten sicherlich kein ganz so freundliches Bild von Hamburg mit nach Hause genommen.