Uwe Bossenz, Macher von Sinnbus Records, versucht gegenzulenken. In Berlin geht wieder was, trotz heraufbeschworener Krise der Musikindustrie. CONTRIVA und TARWATER brachten unbemerkt wunderschöne, wegweisende Alben heraus, gleichzeitig etablierten sich Labels wie City Slang und Kitty Yo, während Sinnbus Records irgendwo dazwischen ein kleines Wohnzimmerimperium schuf.
Fast alle wichtigen Musikmagazine haben bisher über Sinnbus berichtet. „Transport“ hieß die Label-Compilation, die sogar in der ehrwürdigen und stets subjektiven Spex Lob einheimste.
Sinnbus ist mittlerweile aber mehr als ein Kleinstlabel. Roon, Bassist bei TORCHOUS, spricht von einem Ventil für jegliche Kreativität einer befreundeten Gemeinschaft. Das Labelprogramm orientiert sich dabei weder an einem vermeintlichen Berlin-Sound noch an anderen Trends.
Der Titel von TORCHOUS’ Debütalbum „Cut the plans“ verdeutlicht das Konzept von Sinnbus: Konzerte werden so dekonstruiert, dass sie eher an Happenings der 60er Jahre erinnern, als an konventionelle Rockkonzerte der 90er. Und auch, wenn die Songs von TORCHOUS gelegentlich einen roten Faden erkennen lassen, so läuft dieser meistens in verschiedene Richtungen…
Welche Rolle spielt denn der Gesang bei TORCHOUS?
Der Gesang ist auf jeden Fall das vierte Instrument. Die Musik soll aber auch für sich alleine stehen können. Wir versuchen schon, durch das Instrumentale eine gewisse Kompaktheit und Innovation zu schaffen. Der Gesang und die Instrumentierung sollen sich also ergänzen zu einer Sache, die mehr ist als die Summe ihrer Teile.
In den letzten Jahren ist ja schon ein kleiner Trend zum „Musizieren ohne Gesang“ zu erkennen. Vielen Bands wird bewusst, dass Texte nicht ausreichen, um eine Botschaft zu transportieren und dann realisiert man, dass es auch vollkommen ohne Texte geht. Habt ihr überhaupt mal angedacht, es beim Instrumentalen zu belassen?
Wir haben ja viele Instrumentals, bei denen wir nicht die Notwendigkeit sahen, das Lied durch Gesang zu vervollständigen. Die Songs gehen dann mehr in Richtung Filmmusik. Wir schreiben aber eigentlich nie ein Lied, mit dem Hintergedanken ein reines Instrumental-Stück oder ein Lied mit Gesang zu machen. Wir proben den Song, spielen ihn live und wenn wir dann merken, dass er als Instrumental besser funktioniert, bleibt er halt so. Es ist kein Konzeptding, wie man vielleicht denken könnte. Und der Gesang ist uns schon sehr wichtig.
Apropos Filmmusik: Inwiefern habt ihr euch über eine Visualisierung euer Musik schon Gedanken gemacht?
Das Thema haben wir schon öfters angedacht, und wir sind auch sehr gespannt, was in der Hinsicht in den nächsten Monaten passiert. Ich denke, dass man mit der Vermischung von optischer und akustischer Kunst schon sehr viel vermitteln kann.
Anton, unser Produzent, wollte schon bei vielen Songs, deren Entstehung er mitverfolgt hat, Bilder hinzufügen. Vermutlich werden diese Ideen dieses Jahr endlich zu Ende gedacht und praktisch umgesetzt. Das ist auf jeden Fall eine Sache, auf die wir uns sehr freuen, da der visuelle Aspekt für TORCHOUS eine zusätzliche Dimension bedeutet.
Euer Album wird über euer eigenes Label – Sinnbus Records – erscheinen. Sinnbus ist aber mehr als ein Label…
Auch wenn der Ausdruck „Künstlergemeinschaft“ abgedroschen klingt, ist Sinnbus eben so eine. Sinnbus entstand durch den Kontakt von verschiedenen Berliner Bands, die sich musikalisch auf irgendeine Weise verbunden gefühlt haben. Mittlerweile sind mehr als zehn Bands bei Sinnbus. Solokünstler, Elektro-Sachen, Instrumental-Bands, Gitarren-Bands. Wir organisieren gemeinsam Konzerte in Berlin, aber nicht im normalen Konzertkontext. Wir versuchen die Standardstrukturen aufzubrechen und dadurch die Konzertsituation zu verändern. Das soll nicht heißen, dass wir keine normalen Clubkonzerte spielen.
Aus Sinnbus hat sich dann auch ein kleines Plattenlabel entwickelt, auf dem schon fünf Platten rausgekommen sind und auch noch einige größere Veröffentlichungen anstehen. Wir haben außerdem ein kleines Studio, in dem Bands ihre Sachen aufnehmen können. Im Grunde steht Sinnbus für den alten DIY-Gedanken – wir versuchen halt alles selber zu machen.