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TIM HACKEMACK – Yesterday’s kids

Das 2016 im HIRNKOST-Verlag erschienene Buch ist 500 Seiten stark und in ihm werden 77 Altpunks porträtiert, „die sich treu geblieben sind“. Es werden also ältere Semester präsentiert, und die Idee geht auf: Text und Fotos lassen uns Bekanntschaft mit interessanten Typen machen, die schon ordentlich etwas erlebt haben. Die Einstiegsfrage in die Interviews lautet „Wann und wie bist du zum Punk gekommen?“, anschließend werden auf die individuellen Aussagen bezogene Nachfragen gestellt. Extrovertierte Männer und Frauen lassen uns kurz grübeln, ob man mit dem Leben des anderen tauschen möchte. Oder wo man selbst mit 50 Jahren wohl stehen wird. Somit ist Yesterday’s Kids mehr als eine Zwischendurchlektüre. Mit Ernst Brochs „Die Welt brennt in mir, nicht außer mir“ (Die unbekannte Größe) im Sinn, lässt sich gut beschreiben, was seitens des Lesers und Betrachters passiert: Für kurze Zeit lässt sich die Grenze zwischen „innen“ und „außen“ überwinden und es wird möglich, Mäuschen im Kopf der 77 porträtierten Menschen zu spielen. Die Fotos wurden von den Porträtierten selbst ausgesucht, und auch die Kulisse wurde selbst bestimmt, sodass das Zusammenspiel von Text und Fotos zusätzliche Informationen erzeugt. Der Betrachter fragt sich „Warum stellt sich diese Person so dar?“ oder „Was bewegt sie, und was glaube ich, darüber hinaus erkennen zu können?“.

In der Entstehungsphase ist der Münsteraner TIM HACKEMACK etwa 15.000 Kilometer durchs Land gereist. Neben seinen Musikprojekten THE RADIOLAS und EL BOSSO MEETS THE SKADIOLAS und einem Familienleben (yes, das geht!) hat er dieses erfolgreiche Projekt verwirklicht und schmiedet bereits konkrete Pläne für ein weiteres Buch. Dem Blueprint verrät TIM HACKEMACK mehr:

Tim, herzlichen Glückwunsch, „Yesterday’s kids“ ist in die zweite Auflage gegangen und scheint ein voller Erfolg zu sein! Welche Rückmeldungen und Wertschätzungen haben dich besonders erfreut?
Danke! Dass es jetzt bereits eine zweite Auflage gibt, ist wirklich eine sehr schöne Geschichte. Damit habe ich nicht gerechnet, auch wenn die Auflagen nicht groß waren. Grundsätzlich habe ich mich über jede Form von Lob oder Kritik gefreut, sofern ich das Gefühl hatte, dass wirklich eine Auseinandersetzung mit dem Buch stattgefunden hat. Das war in 99% der Fälle so. Mir war vorher klar, dass meine Entscheidung, auch Skinheads von früher (zum Teil auch mit düsterer Vergangenheit) aufzunehmen, nicht überall positiv aufgenommen wird. Es gab aber auch Lob von unerwarteter Seite. Dicken (der Sänger von SLIME) kam zu meiner Ausstellung in Bremen und sagte mir, dass er genau das richtig gut fand, da nicht alles nur von einer Seite betrachtet und erzählt wird, wenngleich er einige der Leute absolut nicht leiden kann. Das hat mich wirklich besonders gefreut.

Das ist mir auch aufgefallen. Bereits im Vorwort schreibst du, dass du bewusst auch Skinheads porträtiert hast. Die Subkulturen rund um Punk, Oi!, Ska und Skin seien nicht voneinander zu trennen und die Menschen vereine ein Zusammengehörigkeitsgefühl durch die gemeinsame Musik. Wie politisch oder unpolitisch bist du das Buch angegangen? Siehst du dich selbst eher dokumentarisch arbeitend, oder möchtest du auch eine Botschaft vermitteln? Was willst du dem Leser sagen?
Ich wollte, dass meine Stimme im Buch sehr leise ist. Natürlich nehme ich durch meine Fragen Einfluss auf den Inhalt, aber es ging mir darum, nur zu beobachten und nicht zu werten. Es kamen im Nachhinein immer mal wieder Personen zu mir, die behaupteten, die eine oder andere Person hätte mich angelogen. Das muss ich so hinnehmen, und das habe ich vorher mit einkalkuliert. Letztendlich sehe ich es so, dass es ja nur die Person selber in ein schlechtes Licht rückt. Ich kann den persönlichen Hintergrund und die Geschichten nicht überprüfen. Eine Botschaft habe ich nicht vermitteln wollen, aber wenn, klänge sie ungefähr so: Danke an alle Personen, die durch ihren großen Freiheitssinn diese Welt ein bisschen bunter gemacht haben.
Was Politik angeht, habe ich schon darauf geachtet, wen ich in mein Buch aufnehme, aber ich wollte halt auch beide Seiten zeigen und gerade die großen Konflikte aus den 80ern hätte ich sonst nur einseitig zeigen können. Ich kann nachvollziehen, dass einige Leser die Nase rümpfen und meine Personenauswahl nicht nachvollziehen können. Bis jetzt halte ich die Entscheidung aber immer noch für richtig.

Im Buch werden immer wieder die zahlreichen Drogentoten angesprochen. Waren unter den Interviewten auch Untote?
Drogen waren in vielen Großstädten ein großes Problem, z.B. Heroin in Berlin und Bremen. Im Buch gibt es auch Personen, die stark drogenabhängig waren, bzw. sogar heroinabhängig. In den Fällen war es aber immer vor langer Zeit. Ich hatte Kontakt zu Punks, die eine sehr lange Zeit an der Nadel hingen, aber aus verschiedenen Gründen hat es nicht geklappt, Fotos und Interviews mit ihnen zu machen.

Hast du schon neue Buch-Pläne?
Ich habe ja vorher schon ein paar Musikalben veröffentlicht. Das war auch immer ein tolles Gefühl, aber nicht vergleichbar damit, sein eigenes Buch in den Läden zu sehen. Daher habe ich mich direkt an die Arbeit gemacht und hoffe, im nächsten Jahr ein Buch über Punk-Kutten zu veröffentlichen. Dafür suche ich auch noch coole Kutten, gerne mit besonderer Geschichte. Wer Interesse hat, kann sich gerne unter info@timhackemack.de melden.

Tim, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

Und nun zur Verlosung:
Wer Interesse an diesem gelungenen Bild- und Biographieband hat, schickt uns bis zum 25.08.2017 eine Mail mit dem Betreff “Yesterday`s Kids” an verlosung(at)blueprint-fanzine.de .
Vergesst nicht, euren Namen und eure Adresse anzugeben!

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, unser Dank geht an Tim Hackemann und an den Hirnkost-Verlag.

http://yesterdayskids.de/

Jo Rößmann

Weiß nichts, kann aber alles erklären.