THE P.O.X. – Insanity is no disgrace

Kurze Geschichtsstunde: Anfang der 80er Jahre entwickelten Bands wie THE METEORS und DEMENTED ARE GO in England eine neue Musikspielart namens Psychobilly, in der die Energie des Punk mit der Rhythmik des Rockabilly sowie einem thematischen Bezug zu B-Movies und Horrorfilmen miteinander verschmolzen wurde. Es dauerte nicht lange, da brachte diese damals noch sehr überschaubare Szene mit THE P.O.X. (= PSYCHOBILLY ORCHESTRA X) auch eine erste deutsche Psychobilly-Band hervor, die immerhin von 1982 bis 1991 mehr oder weniger konstant existierte und zur damaligen Zeit auch international Duftmarken setzten konnte. Nachdem THE P.O.X. in den letzten drei Jahren wieder gelegentlich Konzerte gespielt hatten, machen sie nun ihre Reunion perfekt und bringen mit „Insanity is no disgrace“ ein neues Studioalbum heraus. Und dieses klingt aus heutiger Sicht sehr nach alter Schule: Das Theatralische, das viele der heutigen Psychobilly-Bands umgibt, sucht man bei THE P.O.X. weitestgehend vergeblich, stattdessen wird verstärkt Wert auf verzerrte Gitarren und eine düster-aggressive Grundstimmung gelegt. Diese Stimmung setzt sich auch in den Texten fort, denn anstatt um Monstergeschichten dreht sich hier alles um Themen rund um die dunkle Seite der menschlichen Seele, bevorzugt in Form von Psychopathen, Kannibalen und Massenmördern – Hannibal Lecter hätte mit Sicherheit seine helle Freude hieran.
Dass „Insanity is no disgrace“ auf Normalsterbliche dagegen insgesamt ziemlich nervenaufreibend wirkt, liegt jedoch nur zum Teil an dem schwer verdaulichen Themenkatalog, sondern vor allem an der sich nach einiger Zeit einstellenden Monotonie des Albums, die zwangsläufig aus dem recht einzigartigen Stil der deutschen Psychobilly-Urgesteine resultiert, bei mir persönlich aber zur Folge hatte, dass mein anfängliches Interesse an diesem Album nach der Hälfte seiner Spielzeit rapide abnahm. Schade drum, denn die Leidenschaft für das, was sie tun, kann man THE P.O.X. auch nach 30 Jahren keineswegs absprechen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.