TAUCHER – Erstmal alles

Auch zwischen den Stühlen zu sitzen, will gelernt sein. Die Formation TAUCHER scheint diesbezüglich ihre Hausaufgaben gemacht zu haben, denn die Norddeutschen quetschen sich mit ihrem Debütalbum passgenau in die Nische zwischen den typisch hamburgischen Früh-Neunziger-Punkrock der glorreichen „Vince Lombardy Highschool Records“-Ära und modernem Indie-Rock der späten MUFF POTTER-Schule. Zwar ist „Erstmal alles“ als Gesamtwerk auf Anhieb nicht einfach zu greifen, doch wenn man sich erst einmal in die Mischung aus poppigen Halbballaden („Steh auf“), eingängigen Geradeaus-Nummern („Ich komm darauf zurück“), schwermütigen Klanglandschaften („Deine letzten Jahre“) und TURBOSTAAT-infiziertem Sperrgut („Zahl deinen Preis“) reingehört hat, zieht einen das Album durchaus nachhaltig in seinen Bann. Man hört deutlich, dass die Bandmitglieder schon einige Jahre Erfahrung in der Musik-Szene gesammelt haben (Schlagzeuger Stephan Mahler beispielsweise dürfte vielen durch sein Mitwirken bei SLIME bekannt sein), denn sowohl das Songwriting, als auch die zumeist persönlich gehaltenen Texte strahlen eine gewisse Bodenständigkeit aus, wie man sie bei den zahlreichen „hippen“ Newcomer-Bands heutzutage nur äußerst selten vorfindet. Vielleicht heben sich TAUCHER gerade deswegen so angenehm vom derzeit angesagten Indie-Punk-Einheitsbrei ab, denn trotz diverser aktueller Einflüsse folgen sie keinem Trend, sondern weben lieber ihren ganz persönlichen Klangteppich. Post-Punk für die Ü35-Generation sozusagen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.