SOUTHERLY – Youth

Lieber Leser dieser Plattenbesprechung,
interessiert es Dich eigentlich, was ich hier schreibe? Wenn ich mir vorstelle, es käme nun plötzlich eine wunderbare Fee in einem rosaroten Ballett-Tütü, sie würde ihr Glitzerzauberstäbchen schwingen und … Hoppla: Ich wäre nun Du. Was würde mich wohl dazu bringen, diesen Text zu lesen? Erster Gedanke: Okay, mal sehen, wie lang er ist. Zweiter Gedanke: Naja, werde ihn mal überfliegen. Und schließlich dritter Gedanke: Nur die wichtigsten Infos lesen, so dass ich ungefähr weiß, um was es geht, denn ich habe ja sowieso keine Zeit. So weit, so gut. Doch was ist wichtig? Wichtig ist doch im Grunde nur die Musik selbst. Alles, was ich hier schreibe, ist nur ein schäbiger Eiertanz um den heißen Brei. Oder, wie es vermutlich Martin Heidegger sagen würde: „Die Sprache ist das Haus des Geistes.“ (Keine Angst, werter Leser, ich werde mir höchste Mühe geben, mich nicht in großen, aufgeblasenen Worten zu verheddern, um Dir dann nicht schließlich doch hinterherwinken zu müssen.)
Krist Krueger, der aus Portland, Oregon stammende Musiker, legt mit seiner Band SOUTHERLY eine wirklich schöne melancholische Indiepop-Platte vor, die mich die letzten Hochsommerwochen hier im südlichen Bayern begleitete. Gerade Song Nummer Sechs: „Lust“ der mit „Youth“ betitelten Scheibe hat es mir angetan. Aber auch der Rest des Albums ist durchtränkt von diesen schönen schwermütigen Melodien, die mich teilweise an die Stimmungen der letzten Platte von KEITH CAPUTO erinnern. Ich bemerke wieder, dass mein gehörtes Englisch nicht wirklich gut ist, aber der eigenen Stimmfarbe von Krist Krueger nehme ich jedes Wort ab. Der Sommer nahm letzte Woche mit Extremtemperaturen aus unseren Gefilden Abschied und SOUTHERLY wurden zu meinem Soundtrack für die Autofahrten am frühen Morgen, die mich täglich an den selben im Wind schaukelnden Maisfeldern vorbeiführten. Ich gebe zu, ich lasse mich gerne in pseudoromantischen Situationen im Voralpenland Bayerns treiben. Aber wieso auch nicht? Es wird mir wohl auch nichts anderes übrig bleiben, als eben diese Alltagsstunden mit solcher Musik zu versüßen, um ein wenig zu „entkommen“. Und ich glaube, dass diese Platte für genau solche Situationen „gebaut“ wurde, um ein bisschen innezuhalten, zuzuhören und sich treiben zu lassen. Jedenfalls ist das meine Empfehlung.
Was gibt es noch zu berichten? Nicht viel: Hoppi und Poppi von gegenüber haben, aus mir unersichtlichen Gründen, ihren „Theatervorhang“, eigentlich Rollos, aber ich nenne sie eben aus bekannten Gründen liebevoll „gebrauchsorientierter“, seit ein paar Tagen zugezogen. Selbst Jessie und ihrem Freund „Wackelscheitel“, der beim Gehen so wunderbar hin- und herschwingt, bin ich schon länger nicht mehr im Treppenhaus begegnet, um ein verhaltenes „Hallo“ rauszuquetschen. Es ist still im Haus, ich höre SOUTHERLY und überwinde mich doch mal den Brief der GEZ zu öffnen.