Ein längst überfälliges Review, schön lange hinausgezögert. Denn beim Anhören beschlich mich jedes Mal ein sehr unangenehmes Gefühl, wie eine Mischung aus schlecht gekackt und stellvertretendem Schämen für die Peinlichkeiten Anderer.
NORMAHL, seit 1980 reichlich Alben auf dem Buckel, fahren, wie man unschwer vermutet, die traditionelle Deutschpunkschiene. DIE LEEREN VERSPRECHUNGEN und DIE ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN kamen mir sofort in den Sinn. Oder das herrliche Album „5, 6, 7, 8 Bullenstaat“ der ÄRZTE. Das gefiel mir jedoch alles, warum nur dies nicht?
Erstens: die Musik. Ideenlose Standardmelodien langweilig verpackt in drei Akkorde, dargeboten von Wolle Petri, wie er ganz schön hart klingen will.
Aber alles halb so wild, wer null musikalischen Anspruch hat, wird daran Gefallen finden können. Wirklich schlimm wird’s erst textlich. Ein Mix aus wenig originellen Saufliedern, in denen so mancher Mallorca-Urlauber aufgehen würde („ob Meter oder Zoll, ich krieg den Kanal nicht voll“) und pseudopolitischem „Scheiß Bullenstaat“-Gepose.
Tragischerweise fehlt dabei ein deutliches Augenzwinkern, wie z.B. bei besagtem Album der ÄRZTE, wodurch das Ganze reichlich peinlich wird, wenn man dabei noch das stattliche Alter bedenkt und sich die Altherren im Hardrocker-Outfit anschaut.
Im Interview sagt der 40jährige Lars Besa: „“Voll assi“ wurde als inhaltliche Klammer für die Platte gewählt, weil wir selbst erfahren haben, dass, wer sich diesem ganzen Globalisierungsgeschwätz, Umweltzerstörung, Turbokapitalismus, Intoleranz oder Neo-Faschismus stellt, sich von sogenannten „Eliten“ in diesem Land als Assi bezeichnen lassen muss.“ Ist das so? Oder wird man eher deshalb als Asi bezeichnet (da, wo ich herkomme schreibt man das so), wegen Textzeilen wie „wir wollen lieber Schnaps und Bier, auf Arbeitsplätze scheißen wir“ oder „zuerst da kommt die Kneipe, und dann kommt erst die Frau“? In dieser Hinsicht hätte der Albumtitel nicht treffender ausfallen können. Den von Besa genannten Themen wird „Voll Assi“ absolut nicht gerecht, den „el kaida shuffle“ die Intoleranz betreffend vielleicht mal ausgenommen.
Zusammenfassend fällt mir ein Homer Simpson-Zitat ein: „Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber, das ist mir einfach zu dümmlich.“ Höchstens geeignet als Soundtrack für die Chaostage. Warum gibt’s die eigentlich nicht mehr?
Positiv in die Bewertung eingeflossen ist der Reim „Ding Dong Punkrocksong, Gruppensex im Waschsalon“, der mich tatsächlich erheiterte und zart berührte.
Und hey, vielleicht hört man die Jungs demnächst mal auf NDR1 Welle Nord, denn mit der Singleauskopplung „sonne im dezember“ ist ihnen ein echter Schlager gelungen.