You are currently viewing KITTY, DAISY & LEWIS – s/t

KITTY, DAISY & LEWIS – s/t

Die Auswüchse des Internets treiben mitunter komische Blüten. Besonders gut zu beobachten ist dies, wenn ich in regelmäßigen Abständen meine E-Mails abrufe. „Do you want to f*** my sister?“ kam letztens ein mir unbekannter Absender bereits in der Betreffzeile direkt zur Sache. Keine Ahnung, wo der Mensch meine E-Mail-Adresse herbekommen hatte, jedenfalls teilte ich ihm in meiner Antwortmail mit, dass ich seine Schwester ja gar nicht kenne und folglich keine qualifizierte Aussage bezüglich meines Interesses an einem unverbindlichen Paarungsakt mit dieser treffen könne, mich aber ob der gutgemeinten Anfrage durchaus geschmeichelt fühle. Ein besonders mitteilungsfreudiger E-Mail-Schreiber wusste dagegen zu berichten, dass „Impotenz heutzutage ein Fremdwort“ sei. Ich erwiderte besserwisserisch, dass er mit seiner kühnen Fremdwort-Unterstellung zwar prinzipiell Recht habe, sich das Wort jedoch aus dem Lateinischen ableitet und somit nicht erst neuerdings ein Fremdwort ist, sondern bereits seit seiner Übernahme in den deutschen Sprachschatz als solches zu verstehen sei. Ein daraufhin erhoffte Reaktion blieb leider aus. Derartige Situationen erlebe ich Tag für Tag, und immer wieder ist es dasselbe: Meine unbekannten E-Mail-Partner gehen nicht auf meine Antwortschreiben ein und bringen mich zu der Frage, weshalb sie mit ihrem Anliegen denn ausgerechnet mich kontaktiert haben.
Eine ähnliche Frage stellen sich die Blueprint-Schreiberlinge hin und wieder dann, wenn der Postmann Promopäckchen mit CDs abliefert, die einfach nicht ins Portfolio unseres Online-Magazines passen. So auch im Fall von KITTY, DAISY & LEWIS. Die drei Geschwister im besten Teenageralter spielen im Instrumente wechselnden Rotationssystem alte Rock’n’Roll-, Blues-, RnB- und Swing-Klassiker nach und haben diese mittels analoger Technik dermaßen authentisch aufgenommen, dass einem schon fast Angst & Bange wird. Alles schön und gut, doch wer sich einmal ein wenig auf unserer illustren Internetseite umgeschaut hat, dem mag wohl aufgefallen sein, dass wir uns überwiegend mit zeitgenössischer (!) Independent(!)-Musik beschäftigen und dabei lauten, verzerrten Gitarren keineswegs abgeneigt sind. So mögen diese drei retrophilen Wonneproppen mit ihrem außergewöhnlichen musikalischen Talent vielleicht die Feuilleton-Redakteure auflagenstarker Wochenzeitschriften zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißen, aber bei uns ist ein Album wie dieses hier leider völlig fehl am Platz. Ich geh dann mal E-Mails checken.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.