JINGO DE LUNCH – Live in Kreuzberg

Wer sich Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre für Hardcore aus Deutschland interessiert hat, dürfte kaum an JINGO DE LUNCH vorbei gekommen sein. Die Berliner um die charismatische Sängerin Yvonne Ducksworth prägten die damalige Szene entscheidend mit, passten aber dennoch in keine richtige Schublade, denn sie waren, wie es das Infoschreiben auf den Punkt bringt, „zu sehr Metal für die Punks, zu viel Punk für die Hardcores und zu viel Hardcore für die Metaller“. Nichtsdestotrotz konnten sie sich auch weit über die Stadtgrenze hinaus eine große Fangemeinde erspielen. Nach neun Jahren und fünf Alben lösten sich JINGO DE LUNCH anno 1996 auf.
Es dürfte nicht wenige Leute überrascht haben, als sich die Band im Jahre 2006 wieder in Originalbesetzung zusammen gefunden und im vergangenen Jahr schließlich nach einigen Umbesetzungen mit „Land of the free-ks“ ein neues Album aufgenommen hat. Und wo sie gerade wieder in Fahrt waren, haben sie auch gleich ihr Konzert am 25. November 2010 im Kreuzberger Lido Club mitgeschnitten, welches nun sowohl auf CD als auch auf Vinyl erschienen ist. Darauf präsentieren sich JINGO DE LUNCH von ihrer gänzlich ungeschminkten Seite: Energetisch, dreckig und äußerst druckvoll. In guter Klangqualität wird ein gut einstündiger Trip durch die Bandgeschichte geboten, angefangen bei alten Songs wie „Cursed earth“, „Jingo“ oder „Peace of mind“, bis hin zu aktuellen Sachen wie „Spineless in Gaza“, „Mass / Acre“ und „Metherfor“. Bleibt abschließend nur noch die übliche Gretchenfrage: Müssen Live-Alben wirklich sein? Nicht wirklich, aber dieses hier macht einfach verdammt viel Spaß.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.