GRAF TATI – Lind

Ein beliebter Weihnachtsfeier-Klassiker ist der so genannte „One-Night-Stand“: Man(n) wacht am nächsten Morgen völlig verkatert auf, stellt fest, dass man nicht alleine ist, und langsam kehren die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück. So ähnlich erging es mir nach der diesjährigen Blueprint-Weihnachtsfeier, allerdings fand ich neben mir im Bett keine nackte Schönheit, sondern GRAF TATI vor. Zugegebenermaßen auch nicht den Grafen in Persona, sondern nur seine CD (Glück gehabt…). Und dann kamen bruchstückhaft die Erinnerungsfetzen: Beim kollektiven Grünkohlverzehr kreiste plötzlich eine Kiste mit neuen Promo-CDs durch die gierige Schreibermeute, und wie es der Zufall so wollte, lud ich das apricotfarbene Digipack ein, mich für den Rest des Abends zu begleiten. Also galt es nun, das Beste aus der Situation zu machen: GRAF TATI und ich begaben uns in die Küche zum gemeinsamen (Kater-)Frühstück, und ich muss zugeben, dass mir seine Gesellschaft in diesem Augenblick gar nicht mal so unangenehm war. Die ruhige deutschsprachige Pop-Musik mit Bossa Nova-Einflüssen ließ sich auch bei pochenden Kopfschmerzen leicht konsumieren und bot mir in diesem Augenblick einen passenden Soundtrack zu meinem persönlichen Siechtum. Allerdings nahm die Sympathie proportional zu den alkoholbedingten Nebenwirkungen langsam ab, und schon bald wurde uns beiden klar, dass es besser wäre, sich nicht wieder zu sehen. Wie das bei One-Night-Stands eben meistens so ist.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.