EVAN FREYER – Anker

Humor hat er schon mal, der junge Mann: Patrik Nordsiek hat uns zu seiner CD ein Plakat in lupenreiner FDP-Wahlkampf-Optik mitgeschickt, auf dem er schmierig lächelnd um die Gunst seiner Zuhörer buhlt. Unter dem Pseudonym EVAN FREYER präsentiert er mit „Anker“ sein erstes komplettes Album, auf dem er abgesehen vom Schlagzeug alle Instrumente selber eingespielt hat. Dabei schlägt er mal mehr, mal weniger überzeugend die Brücke zwischen modernen Singer/Songwriter-Sound und simpel strukturiertem Pop-Rock, wobei sein größtes Charaktermerkmal wohl seine recht eigenwillige Stimme ist, mit der sicherlich nicht jeder Hörer auf Anhieb klar kommt. Was seine Texte betrifft, so ist er eindeutig um Abwechslung bemüht und gibt sich mal persönlich, mal humorvoll und gelegentlich auch ein wenig angriffslustig, etwa wenn er in „Hartmut“ den Sänger von PUR aufs Korn nimmt („Vokuhila, enge Wrangler, unser Vorbild: Hartmut Engler“).
Auch wenn EVAN FREYER insgesamt sehr ungekünstelt und sympathisch rüberkommt, werde ich mit seinem Album leider nicht so recht warm, denn über weite Strecken plätschern die Lieder einfach an mir vorbei, ohne bleibenden Eindruck hinterlassen zu können. Letztendlich sind es in meinen Augen eher die ruhigen und melancholischen Momente, wie etwa das wunderbar schwermütige „Traurige Lieder“ oder das in Englisch gehaltene Stück „A little song“, die die Stärken dieses Albums ausmachen. Angesichts dessen könnte ich mir auch vorstellen, dass mir EVAN FREYER in reduzierter Form, also nur mit Akustikgitarre und ohne Pop-Rock-Trallala, sogar richtig gut gefallen könnte. „Anker“ als Ganzes schafft es in meiner Gunst dagegen leider nicht über das Mittelmaß hinaus.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.