BOYS NIGHT OUT – Dude, you need to stop dancing

Pro: Nach zweieinhalb Alben und unzähligen Touren haben sich BOYS NIGHT OUT entschlossen, eine DVD aufs Volk loszulassen. Viele andere Bands haben es bereits vorgemacht, aber „Dude, you need to stop dancing“ unterscheidet sich von anderen. Erstmal findet man drei Teile auf der DVD: Zum einen wurden die beiden offiziellen Videos zu „I got punched in the nose for sticking my face in other peoples business“ und „Medicating“ auf den Rohling gepresst, zum anderen eine komplette Live-Show. Aber dazu später mehr.
Der besondere Teil, und somit das Kernstück dieser DVD, umfasst eine 52minütige Dokumentation über die Band, als diese gerade auf Promo-Tour für das Debüt-Album „Make yourself sick“ unterwegs war. Gut 50 Minuten bekommt man Interviews und Hintergrundmaterial über die Band geboten. Besonders im Rampenlicht stehen dabei die beiden temperamentvollen Egos Connor Lovat-Fraser (Gesang) und Jeff Davis (Gitarre/Gesang), die sich wirklich ununterbrochen auf den Nerv gehen und eine düstere Stimmung innerhalb der Band verbreiten. Der Höhepunkt der Differenzen bildet eine Rangelei im Backstageraum, bei der die Situation eskaliert und das Ende der Band unumgänglich ist. Die letzten Shows werden noch gespielt, doch eine ist schlechter als die andere und der vorzeitige Split der Band vollbracht. Bis zu dieser Stelle überaus glaubwürdig, und das ein oder andere Mal erinnert man sich gerne an die Raufbrüder Hetfield & Ulrich, die auf „Some kind of monster“ ein ähnliches Bild hinterlassen haben. Doch dann wird, sozusagen im „Abspann“, die traurige Nachricht überbracht, dass Bassist Dave Costa 2004 im Urlaub in Portugal bei einem Autounfall ums Leben kam… Denn komischerweise hüpft er 2006 ziemlich lebendig auf der Bühne herum! Auch die Tatsache, dass sich die drei verbliebenen Bandmitglieder drei Monate nach Dave’s Tod auf einem Friedhof treffen und rätseln, ob das jetzt nun das richtige Grab, oder überhaupt der richtige Friedhof ist, lässt schon starke Zweifel an der Realität aufkommen. Spätestens zu dem Zeitpunkt sollte man den Ernst über Bord werfen und sich im Klaren sein, dass es sich bei „Dude, you need to stop dancing“ um einen Film handelt. Aber ganz nebenbei find ich es sehr makaber, einfach so den Bassisten sterben zu lassen… Im Endeffekt kann sich jeder selbst ein Bild machen und für sich entscheiden, was man vom dem Film glauben kann, und was nicht.
Auch die Freunde von Livemucke kommen voll auf ihre Kosten. Die enthaltene Show wurde im Zuge der „Trainwreck-Tour“ am 10. März 2006 in Toronto aufgenommen. Die Bild- und Tonqualität ist erstklassig und die Songsauswahl überaus perfekt gewählt. Nahzu die gesamte letzte Platte „Trainwreck“ inkl. der Hits „Medicating“ und „Composing“ wurde live zelebriert, sowie die Hits vom Debüt-Album „Make yourself sick“.
Fazit: Sehr gut aufgemachte DVD und eine womöglich astreine schauspielerische Leistung der Band, an der auch Nicht-Punk/Emorock-Fans Gefallen finden könnten. Für BOYS NIGHT OUT-Fans ist „Dude, you need to stop dancing“ ein Plichtkauf! (7,5)

(jg) Contra: Um eine Tatsache kommt man nicht drum rum – auch BOYS NIGHT OUT machen Screamo. Und sie machen es auch gar nicht schlecht im Vergleich zu den meisten anderen Bands des Genres – zumindest, was die beiden Musikvideos auf dieser DVD angeht. Die erinnern mich von den Gitarrensachen ein wenig an die leider viel zu schnell verblichenen SOLAREZ in weniger punkig, dafür aber mit einer Menge Melodie und zum Teil mit den genreüblichen Screams.
Allerdings muss ich Christian entschieden widersprechen, was die Bild- und vor allem die Soundqualität des Konzertes in Toronto angeht. Die ist, meiner Meinung nach, nämlich eher mäßig, und ob es für Zuschauer so spannend ist, ein komplettes Konzert auf TV zu sehen, ist sicherlich auch fraglich.
Und auch die Doku über das angäbliche Ende der Band ist zwar eine amüsante Idee, aber die Umsetzung lässt, mit Ausnahme der Friedhof-Szene, doch ein wenig den Spaßfaktor vermissen. Da hat man über SPINAL TAP schon mehr lachen können.
So bleibt für meinen Geschmack am Ende die Frage offen, ob man sich als Fan der Musik nicht doch besser nur eine CD der Band zulegt, wo man ein Dutzend Songs in guter Qualität geboten bekommt. (4)