ANDY OST – Bock auf Leben

Hätte mir jemand diese CD von ANDY OST blind vorgespielt, hätte ich schwören können, es mit einem neuen Projekt des früheren WOHLSTANDSKINDER- und zuletzt TON-Sängers Tobias Röger zu tun zu haben. Denn die Ähnlichkeiten zwischen dem Erstlingswerk von ANDY OST und der Musik von TON sind stellenweise verblüffend: Neben einer ähnlichen Stimme verfügt ANDY OST ebenfalls über ein feines Gespür für hymnenhafte Gesangsmelodien, und auch die Musik-Rezeptur in Form von eingängigem Gitarrenpop mit viel Klavierspiel weist gewisse Parallelen auf, wenngleich auf „Bock auf Leben“ auch immer wieder Rock- oder Elektro-Elemente auftauchen. Dass ANDY OST mit seinem Album trotzdem unangenehme Schlager-Assoziationen bei mir hervorruft, ist neben der durch und durch auf Mainstream getrimmten Produktion vor allem auf die extrem schmalzigen Texte zurückzuführen, die Lieder wie „Schlaflos (gegen deine Angst)“ oder „Dort wo Du bist“ direkt für eine seniorenfreundliche Darbietung im ZDF Fernsehgarten prädestinieren. Umso unverständlicher ist es für mich, dass sich der Hanauer laut Infoschreiben in erster Linie als Rock-Sänger versteht und sich der Kitschigkeit seiner Lieder offenbar überhaupt nicht bewusst ist. Immerhin: Mit „Schatten“ ist am Ende doch noch ein Song vertreten, der mit einem Auge in Richtung Indie-Rock schielt und zumindest andeutet, was unter anderen Voraussetzungen möglich wäre.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.