ALL ABOARD! – Twelve little compliments

Mit ihrer Split-EP mit FRANCESCO wurden ALL ABOARD! erstmals bei mir vorstellig und wussten auf Anhieb zu gefallen. Gute anderthalb Jahre nach der Veröffentlichung zaubern die Jungs aus Mönchengladbach nun ihren ersten Longplayer aus dem Hut und zeigen erneut, dass sie hierzulande in Sachen melancholischer Punkrock amerikanischer Prägung ziemlich weit vorne mitspielen. Im direkten Vergleich zur genannten Split-EP bleibt zunächst festzuhalten, dass bei der Aufnahmequalität eine ganze Schippe draufgelegt wurde. Klangen die damaligen Aufnahmen noch recht dumpf, so haben ALL ABOARD! nun offensichtlich ein paar Scheine mehr investiert und können mit einem klaren und differenzierten Klanggerüst aufwarten. Was den Musikstil betrifft, ist sich die Band allerdings treu geblieben, was bedeutet, dass es auf „Twelve little compliments“ ein Dutzend melodische Gassenhauer zu hören gibt, deren geistige Ziehväter irgendwo zwischen THE GASLIGHT ANTHEM und THE RIOT BEFORE zu suchen sein dürften. Am Interessantesten wird es dabei, wenn ALL ABOARD! den reinen Punkrock-Pfad verlassen und sich verstärkt Folk- und Country-Elementen zuwenden, wie etwa in dem von einer Mundharmonika unterstütztem „To my family“ oder dem andächtigen, halbakustischen „Flutes in the night“, bei dem man tatsächlich denken könnte, dass einem Brian Fallon persönlich aus den Boxen entgegenschmachtet. Seltsam düstere Klänge werden dagegen in „Survivors in the storm“ angeschlagen, doch keine Bange: Wer so ein bravouröses Debüt-Album vorlegt, dem kann ein Sturm mit Sicherheit nichts anhaben.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.