TURBOSTAAT – Stadt der Angst

Schlicht ist es, das Albumcover des neuen TURBOSTAAT-Albums. Extrem schlicht. Was hat das zu bedeuten? Vielleicht ein Indiz dafür, dass Deutschlands wohl bekanntester Indie-Screamo-Post-Whatever-Punkband die Ideen ausgegangen sind? Oder dafür, dass die Nordlichter beschlossen haben, sich auf ihrem fünften Longplayer auf das Wesentliche zu beschränken und allen überflüssigen Schnickschnack über Bord zu werfen? Weder noch. TURBOSTAAT bleiben sich auf „Stadt der Angst“ treu, entwickeln ihren unverkennbaren Sound mit dieser Veröffentlichung aber zugleich auch wieder einen kleinen Schritt weiter. Deutete bereits der Vorgänger „Das Island Manöver“ den Übergang von sperrigen Hauruck-Nummern zu einem etwas subtileren Songwriting inklusive eingängiger Momente an, so nimmt das neue Werk diesen Faden wieder auf. Die Produktion wirkt klarer und näher am Indierock orientiert als früher, der Gesang nicht mehr so kratzig und weniger angestrengt. Wieso auch nicht. Die Nordlichter haben es längst nicht mehr nötig, durch Raubeinigkeit ihre Platzhirschrolle in der emotionalen deutschsprachigen Punk-Landschaft unter Beweis zu stellen, sondern können es sich mittlerweile auch erlauben, mit Pop-Elementen zu spielen, ohne sich dadurch gleich vom Mainstream vereinnahmen zu lassen. So kann man Lieder wie „Tut es doch weh“ oder „Fresendelf“ zwar durchaus als tanzbar bezeichnen, muss ihnen zugleich aber auch die bandtypische Melancholie und Intensität bescheinigen. Andere Stücke wie „Phobos Grunt“, „Snervt“ oder „In Dunkelhaft“ sind dagegen wieder typische Mitreißnummern mit treibender Rhythmussektion und schrammeligen Gitarrenexzessen. So kennt man TURBOSTAAT, so liebt man TURBOSTAAT. Und wer nicht bereits nach dem zweiten Longplayer „Swan“ das Handtuch geworfen hat, wird „Stadt der Angst“ folglich genauso lieben wie die übrigen Alben der Band.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.