TOOL – 10.000 Days

Ich bin nie ein Fan von TOOL gewesen, aber schon lange ein Bewunderer. Und ich freue mich, dass es ein neues Album gibt und darüber, wie es aussieht. Wie liebevoll hier wieder an jedem Detail bis hin zu der einzigartigen Verpackung gearbeitet wurde. Mir macht es auch nichts aus, dass die Band jedes Mal vier bis fünf Jahre braucht, um ein neues Album zu machen. Vielen Fans hingegen dürfte das letzte Jahr des Wartens sicherlich sehr lang vorgekommen sein. Und überhaupt bin ich, entgegen der Meinung der Fans, wie der alte Cato „im Übrigen“ der Ansicht, dass „Lateralus“ das stärkste Album der Band war, während von der anderen Seite oft zu lesen war, dass man hofft, dass das neue Album damit verglichen „wieder besser“ wird, dass man sich den Sound der „Aenima“- oder „Undertow“-Zeiten zurückwünscht. Die wiederum in meinen Augen nicht viel mehr als Langeweile auf einem sehr hohen musikalischen Niveau boten.
Zufrieden sein dürfen wir nun endlich alle, denke ich, denn „10,000 days“ bietet mehr von allem, es ist, wenn es leise ist, leiser und auf der anderen Seite auch um einiges härter als das vorangegangene Album. Was nicht zuletzt auch der glasklaren, knackigen Produktion zu verdanken ist. Dies hier ist mir an manchen Stellen das ein oder andere dumpfe Metal-Riff zuviel, dennoch aber wieder einmal aber ein großartiges Werk geworden. Licht und Schatten, Beschwörungen, Mystik, Halluzinogene, Wut und Schönheit. Alles da. Sie entfesseln Naturgewalten, wie dies in der Vergangenheit allerhöchstens noch NEUROSIS hinbekommen hätten, aber die brauchten immerhin drei Trommler dafür. Schlagzeuger Danny Carey wirft mal wieder die Frage auf, wie viele Arme und Beine er eigentlich hat. Und dass James Maynard Keenan singen kann, weiß man auch nicht erst seit gestern.
Große Veränderungen sind aber wie immer deren Sache nicht, und das ist auch absolut nicht schlimm, denn TOOL bewegten sich stets in ihrem eigenen Universum. Und da sind sie verdammt gut.
(8)

(as) Endlich ist sie da, nach 687 Tagen, die neue TOOL! Für was die Dauer von 10.000 Tagen steht, das ist noch nicht raus. Aber wie so vieles bei TOOL ist auch dies ein Mysterium. Diese Band kann man ohnehin nicht mit normalen Maßstäben messen. TOOL agieren außerhalb von Zeit und Raum, Wirklichkeit und Unwirklichkeit. Sci-Fi-Metal für ein neues Jahrtausend, der ohne Frage auch als Soundtrack für einen Science Fiction Film passen würde. Wieder ist „10.000 days“ kein Album fürs Radio, kein Album für Partys, sondern kann am besten in einem dunklen Raum in ohrenbetäubender Lautstärke oder unter einem guten Kopfhörer inhaliert werden. Können TOOL überhaupt innerhalb ihres selbst erschaffenen Kosmos die Grenzen sprengen? Schließlich hatte man das Gefühl, „Lateralus“ hätte vor knapp fünf Jahren diese Grenzen bereits ausgelotet. Was wollen, ja was können TOOL an ihrem Sound noch verändern, um spannend zu bleiben, um weiterhin die Pioniere des progressiven Metals zu bleiben?
Es geht um Nuancen. Feinheiten. Fragmente. Um all das Wenige, und doch kann das so viel sein! Die Produktion an sich hört sich sehr ähnlich an, außer dass das Schlagzeug und die Percussions noch weiter im Vordergrund stehen als in der Vergangenheit. Eine Soundwand wie ein Achttausender, fast unbezwingbar und nur mit mentaler und physischer Stärke zu meistern. „10.000 days“ hat noch mehr Ecken und Kanten bekommen. Der Noise-Anteil mancher Stücke hat zugenommen, zum Beispiel bei „right in two“, welches selbst nach mehrmaligem Hören nicht einfach zu konsumieren ist. Überhaupt dauert es jetzt noch länger bis zum Chorus. Auch Maynards Stimme wurde mit allerlei Effekten bearbeitet. Maynard benutzt seine Stimme als Instrument. Zuerst entsteht bei TOOL immer die Musik und Maynard singt songdienliche Phrasen, bis nach und nach, erst zuletzt, die Texte entstehen. Vier Instrumente, nicht drei! Ein wichtiger Bestandteil ihrer Musik. Die erste Single ist „vicarious“, ein Monumentalsong von über sieben Minuten Länge. Kräftig schiebt er sich durch die Boxen, ein typischer TOOL Song eben. Typisch aber gut. Ich frage mich nur, ob es immer eine Spielzeit nahe der 80 Minuten Grenze sein muss, und man nicht vielleicht Intro’s wie „lipan ocnjuring“ oder das finale „viginti tres“ hätte weglassen können, um das Album etwas zu straffen. Trotzdem hat TOOL wieder, und hat daran wirklich jemand gezweifelt, ein unverkennbares Stück progressive Musik geschaffen, das seinesgleichen sucht und nur Vergleiche mit den eigenen Vorgängeralben zulässt. Was ich bereits in meinem OSI-Review angedeutet habe, wird nun Wirklichkeit. Ich gebe OSI den Vorzug, da sie auch Musik zur Kunstform erheben, diese aber transparenter und leichter transportieren und sie somit für den Hörer zugänglicher machen, ohne dabei allerdings die Langzeitwirkung zu verlieren.

(8.5)