NOCTURNAL RITES – Nordischer Metal mit Eiern!

Es braucht eigentlich nicht allzu viele Zutaten, um ein Konzert zu einem legendären Erlebnis zu machen. Gute Laune, eine nette Location, ein zwei Bierchen und natürlich Bands mit ordentlich Wumms und Pfeffer unter der Haube. Mit NOCTURNAL RITES und THUNDERSTONE luden zwei Melodic Metal-Bands aus dem hohen Norden zum Abgeh-Abend ein, und die Chancen auf Bumms und Pfeffer standen verdammt gut!
Allerdings staunten wir nicht schlecht, dass sich am vergangenen Sonntagabend nur ca. 90 Nasen in die Markthallte verirrt hatten, um sich die Nordic Metal Mayhem-Tour 2007 anzuschauen. HALLO – das sind DIE NOCTURNAL RITES, die mittlerweile nicht weniger als neun (!) Scheiben mit unzähligen Ohrwürmern auf dem Buckel haben. Naja, jammern bringt ja nix – konzentrieren wir uns lieber auf’s Wesentliche.
Nach kurzem Intro gaben die Harzer Rocker CAST IN SILENCE ihre eingängige Mischung aus stampfenden Midtempo-Riffs und kurzen, aber umso mächtigeren Abgehparts zum Besten. Dabei konnte vor allem Sänger Michael mit seinem cleanen, angenehm rauen Gesang glänzen. Respekt vor den Jungs – hatte ich so nicht auf dem Zettel.
Kurze Umbaupause, lecker Bierchen geschlürft, und schon knallten die ersten Takte vom neuen THUNDERSTONE-Album durch die Boxen – leider reduziert auf Bass und Schlagzeug, was ein ordentliches Rumpeln in den Gehörgängen verursachte. Bis dahin konnte man nur erahnen, wie der neue Sänger Tommi „Tulpe“ Samela die Songs der finnischen Rasselbande interpretieren würde. Und nachdem der Soundmixer die richtigen Knöpfe gefunden hatte, musste man den Hut ziehen. Um es mit den Worten meines Freundes Tommi zu sagen: „Der kann singen, auch wenn er mit seinem Rauschebart und den leicht hängenden Schultern wie eine Mischung aus Rübezahl und Käpt’n Blaubär daherkommt.“ Im knapp einstündigen Set gab’s jede Menge starke Songs vom aktuellen Album „Evolution 4.0“ um die Lauscher geblasen. Aufgelockert wurde das Ganze durch finnische Trinksprüche, Sing-A-Long-Spielchen und witzige deutsch-finnisch-englische Ansagen. Der Hammer sollte jedoch mit dem letzten Song kommen. „Until we touch the burning sun“ zog einem mit fettem Sound, Keyboardteppich und grandiosem Gesang dermaßen die Hosen aus, dass man meinte, gar keine angehabt zu haben.
Und dann gingen erstmal die Lichter aus (nicht zuletzt durch zwei weitere Bierchen), denn der Headliner NOCTURNAL RITES enterte die Bühne und machte unmissverständlich klar, wer jetzt wieder die Hosen anhatte. Mit enormer Spielfreude reihten die schwedischen Schluckspechte Hit an Hit aneinander und sorgten für wohliges Rübenschütteln und Dauergrinsen unter den Besuchern. Besser als Frontmann Jonny Lindkvist kann man aber auch nicht singen. Was dieser Bursche an dem Abend bot, war der schiere Überknaller. Ob „Never again“ vom aktuellen Album „The 8th Sin“, „Cuts like a knife“ vom 2005er Götterwerk „Grand illusion“ oder „The iron force“ vom 99er Silberteller „The sacred talisman“ – dieser Bursche beherrscht jede Facette gefühlvollen Gesangs und macht aus jedem Ton ein unendlich schönes Gedicht für die Ohren. Natürlich soll auch die Leistung der Rhythmusfraktion keineswegs geschmälert werden. Hier saß jeder Gitarrenzupfer, Schlagzeughieb und Bassstreichler am richtigen Ort, und man wähnte sich im siebten Metal-Himmel.
Doch schon folgte der nächste Höhepunkt, als die mittlerweile ziemlich angeschlagene Sauna-Kampftrinkfraktion THUNDERSTONE die Bühne mit Badetüchern und Trinkhörnern stürmte und wildes Gegröle zum Besten gab. Die Jungs von CAST IN SILENCE kamen schließlich auch noch hinzu, und wenig später lagen sich alle Musiker in den Armen, um sich bei den Fans für 16 Tage Non-Stop-Tour zu bedanken. Ein toller Moment.
Mit dem Überhammer „Fools never die“ endete ein grandioses Konzert, das wieder einmal zeigte, dass Schweden und Finnen nach 16 Tagen Saufen durchaus einen an der Mappe haben, aber selbst dann noch legendäre Konzerte geben können.