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BOYKOTT – Antibürger

Deutschrock ist ja so etwas wie der konservative Bruder des Deutschpunks. Dies betrifft nicht nur die musikalische Ebene, sondern oftmals auch das Selbstverständnis vieler Bands, denen es aus meiner Sicht leider zu oft an einer klaren Abgrenzung zu rechten bzw. rechtsoffenen Strukturen und Personen fehlt. Selbst Bands, die in ihren Texten eigentlich eindeutige Statements gegen derartige Umtriebe abliefern, sehen offenbar keinen Widerspruch darin, mit KAISERJÄGER-Nachfolgebands auf Tour zu gehen oder bei Veranstaltungen wie dem G.O.N.D.-Festival zu spielen, bei denen durch das extrem Grauzonen-behaftete Lineup das Erscheinen einer unappetitlichen Zuschauerklientel zumindest bewusst mit eingepreist wird. Auch BOYKOTT können sich diesbezüglich nicht gänzlich freisprechen, wie ein Blick in die Historie zeigt. Allerdings muss man den Brandenburgern zugutehalten, dass sie, was ihre politische Positionierung betrifft, sehr wohl klare Kante zeigen und sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit gegen Wutbürger*innen, Querdenkende und rechte Rattenfänger*innen zu Wort melden – und zwar nicht nur in Texten von Liedern wie „Kopfverdreher“ oder „Einer von Format“, sondern auch auf ihrem Facebook-Kanal. Was die musikalische Seite betrifft, sehe ich auf „Antibürger“ eher Parallelen zu den Metal-lastigen Sachen von DRITTE WAHL als beispielsweise zu stadionrockigeren Vertretern wie BETONTOD. Stücke wie „Flucht nach vorn“ zeigen jedoch auch, dass sich harte Gitarrenriffs und hymnische Refrains keineswegs ausschließen müssen. Und auch wenn Deutschrock und ich in diesem Leben bestimmt keine guten Freunde mehr werden, so ist das, was BOYKOTT hier abliefern, zumindest ein kleiner Lichtblick.

Meine Bewertung

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.