FEELING B – Grün & blau

Das Jahr 2007 wurde von der internationalen Medienlandschaft bekanntlich (willkürlich) zum „30 Jahre Punk“-Jubiläumsjahr auserkoren. Dementsprechend wurde zuletzt viel über diese Subkultur geschrieben, und auch einige Plattenfirmen nutzten die Gunst der Stunde, um alte Aufnahmen von längst aufgelösten Bands wieder zu veröffentlichen. So auch in dem hier vorliegenden Fall: Das Label Motor Music veröffentlicht mit „Grün & blau“ eine neu abgemischte Zusammenstellung der Ostberliner Band FEELING B, in Verbindung mit einem 160 Seiten starken Dokumentar-Buch. Auch wenn mir das dazugehörige Buch leider nicht vorliegt, so bin ich mir sicher, dass es durchaus lesenswert ist, da es sich bei den 1983 gegründeten FEELING B um eine Gruppe mit einer interessanten und bewegenden Geschichte handelt: So waren sie beispielsweise die erste DDR-Punk-Band, die auf dem staatlichen Ost-Plattenlabel Amiga eine LP veröffentlicht hat. Bis 1993 wurden insgesamt drei Studioalben veröffentlicht, nach einer darauf folgenden kreativen Pause und einem umfangreichen Besetzungswechsel lösten sich FEELING B im Jahre 1999 auf. Während Sänger und Bandgründer Aljoscha Rompe dramatischerweise im darauf folgenden Jahr an einem schweren Asthmaanfall verstarb, spielen drei seiner ehemaligen Bandkollegen bis heute bei einer nicht ganz unbekannten Band namens RAMMSTEIN.
Die musikalische Zusammenstellung auf dieser CD untermauert auf jeden Fall die Eigenständigkeit, mit der FEELING B damals zu Werke gegangen sind. Hier paart sich minimalistischer Früh-Punk mit abgedrehten Keyboardklängen und sehr gewöhnungsbedürftigem, von der Rhythmik zum Teil an Mittelaltermusik erinnernden Gesang. In ihren Texten gehen FEELING B ebenfalls recht ungewöhnliche Wege, die man je nach Interpretationsweise als subtil oder nihilistisch definieren kann.
Ungeachtet der großen Bedeutung von FEELING B für die Anfänge des Punks in der ehemaligen DDR lässt mich dieser Tonträger recht ratlos zurück. Es fällt schwer, eine Beziehung zu der Musik aufzubauen, wenn man sie isoliert von der damaligen Zeit und dem damaligen Lebensgefühl betrachtet – so ähnlich, als würde man heute einem Kiddie-Punk eine Platte von TRIO vorspielen. Von daher dürfte „Grün & blau“ in erster Linie (N)ostalgiker und Leute, die sich für die Historie des deutschen Punks interessieren, ansprechen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.